Rz. 166
Gemäß Ziff. 3 und 4 DTV-VHV 2003/2011 ist allein die vertragliche Haftung des Versicherungsnehmers nach Maßgabe der ab Ziff. 3.1 DTV-VHV 2003/2011 aufgeführten gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen versichert, die Haftung aus unerlaubter Handlung nur, wenn sie nach Ziff. 3.12 DTV-VHV 2003/2011 neben oder anstelle von vertraglichen Ansprüchen geltend gemacht wird.
Rz. 167
Im Straßengüterverkehr ebenso wie bei der Luftbeförderung, beim Transport mit Binnenschiffen und der Eisenbahn ergibt sich die vertragliche Haftung des Frachtführers für Beförderungen innerhalb Deutschlands aus den §§ 407 ff. HGB. Das Seefrachtrecht ist in §§ 476 ff. HGB geregelt. Es gilt für nationale wie für internationale Seebeförderungen. Die §§ 425, 426 HGB statuieren eine weitgehend verschuldensunabhängige Haftung für Güterschäden und Lieferfristüberschreitungen. Der Frachtführer haftet grundsätzlich für alle in seiner Obhut im Zeitraum von der Übernahme des Gutes zur Beförderung bis zu Ablieferung entstehenden Güterverluste oder -beschädigungen. Für Güterschäden haftet er grundsätzlich nicht auf Schadensersatz im Sinne der §§ 249 ff. BGB, sondern hat nach dem Wertersatzprinzip des § 429 HGB nur für den Güterwert am Ort und zur Zeit der Übernahme bzw. den durch eine Beschädigung eingetretenen Wertverlust Ersatz zu leisten. Den Ersatz von Güterfolgeschäden schuldet er abgesehen von den in § 432 S. 1 HGB genannten aus Anlass des Transportes entstandenen Kosten nicht, § 432 S. 2 HGB. Seine auf Wertersatz beschränkte Haftung ist ferner der Höhe nach gemäß § 431 HGB auf einen Betrag von 8,33 Sonderziehungsrechten (einer 1969 eingeführten Währung, deren Wechselkurs der IWF festsetzt) pro Kilogramm des Rohgewichts der in Verlust geratenen oder beschädigten Sendung beschränkt. Diese gewichtsbezogene Haftungsbeschränkung kann sich bei wertvollen, aber leichten Gütern wie Unterhaltungselektronik für den Frachtführer besonders günstig auswirken. Für Lieferfristüberschreitungen haftet er gemäß § 431 Abs. 3 HGB der Höhe nach begrenzt auf den dreifachen Betrag der Fracht.
Der Frachtführer ist nach § 426 HGB von seiner Haftung befreit, soweit das Schadenereignis auf Umständen beruht, die er auch bei Anwendung größtmöglicher Sorgfalt nicht vermeiden und deren Folgen er nicht abwenden konnte. Auch soweit die in § 427 HGB genannten Gefahren zur Entstehung eines Güterschadens oder einer Lieferfristüberschreitung beigetragen haben, ist der Frachtführer von seiner Haftung befreit, besonders bei Vorliegen eines Verpackungsmangels, eines Verladefehlers des Absenders oder infolge der natürlichen Beschaffenheit der Güter.
Auf Haftungsbeschränkungen und Haftungsbefreiungen kann sich der Frachtführer nicht berufen, wenn sie wegen eines qualifizierten Verschuldens gemäß § 435 HGB entfallen: Verursacht der Frachtführer einen Schaden leichtfertig und handelt er dabei im Bewusstsein, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, haftet er nach allgemeinen Grundsätzen der §§ 249 ff. BGB in unbeschränkter Höhe; weder vertragliche noch gesetzliche Haftungsbeschränkungen begrenzen dann noch seine Haftung.
Das vorgenannte System der frachtrechtlichen Haftung mit seinen konstruktiven Elementen
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einer (weitgehend) verschuldensunabhängigen Obhutshaftung, |
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dem Wertersatzprinzip, |
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der beschränkten (Gewichts-)Haftung und |
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der Haftungsdurchbrechung bei qualifiziertem Verschulden |
findet sich – mit einzelnen Ausnahmen – auch in den anderen in Ziff. 3 DTV-VHV 2003/2011 aufgezählten frachtrechtlichen Haftungsregimen.
Rz. 168
Die Beförderung von Umzugsgut ist in §§ 451 ff. HGB geregelt. Werden die Güter aufgrund eines einheitlichen Frachtvertrages mit verschiedenartigen Beförderungsmitteln (multimodaler Verkehr) transportiert, die unterschiedlichen Haftungsregimen unterworfen sind, gelten die §§ 452 ff. HGB.
Rz. 169
Bei grenzüberschreitenden Straßengütertransporten findet innerhalb der jeweiligen Mitgliedstaaten das weitgehend zwingende Recht der CMR Anwendung, bei Eisenbahngütertransporten das zwingende Recht der einheitlichen Rechtsvorschriften über den Vertrag über die internationale Eisenbahnbeförderung von Gütern (CIM), im internationalen Luftverkehr das zwingende Recht des Montrealer und des Warschauer Abkommens (MÜ, WA) sowie im Seerecht das Recht der Haager Regeln, der Hague Visby Rules und der §§ 476 ff. HGB.
Rz. 170
Der Speditionsvertrag ist in §§ 453 ff. HGB geregelt. Für Güterschäden, die sich in seiner Obhut ereignen, haftet der Spediteur gemäß § 461 Abs. 1 HGB nach frachtrechtlichen Regelungen, also der Höhe nach beschränkt. Für sonstige Schäden, die aus der Verletzung seiner speditionellen Pflichten resultieren, haftet er grundsätzlich unbeschränkt nach § 461 Abs. 2 HGB. In Fällen der §§ 458–460 HGB, also beim Selbsteintritt, der Fixkosten- und der Sammelladungsspedition, haftet der Spediteur nach Frachtrecht. Für diese Formen der Spedition bestimmt das Gesetz, dass der Spediteur "hinsichtlich der Beförderung die Rechte und Pflichten eines Fr...