Rz. 118
Gehen die Güter ganz oder teilweise verloren, werden sie dem Versicherungsnehmer ohne Aussicht auf Wiedererlangung entzogen oder sind sie nach der Feststellung von Sachverständigen in ihrer ursprünglichen Beschaffenheit zerstört, so kann der Versicherungsnehmer nach Ziff. 17.1 DTV-Güter 2000/2011, Ziff. 7.1 ADS Güterversicherung 73/84/94 den auf sie entfallenden Teil der Versicherungssumme abzüglich des Wertes geretteter Sachen verlangen. Ein Totalverlust liegt vor, wenn die Güter physisch nicht mehr vorhanden sind, etwa weil sie verbrannt oder ausgelaufen sind. Totalverlust ist aber nicht nur bei Substanzvernichtung gegeben. Es genügt, dass die Güter ohne Aussicht auf Wiedererlangung entzogen worden sind. Beispiele: Diebstahl, Beschlagnahme, Verwertung der Güter aufgrund eines behaupteten Pfandrechts, das Überbordgehen von Baumstämmen ohne wirtschaftlich sinnvolle Bergungsmöglichkeit. Ohne Aussicht auf Wiedererlangung entzogen sind Güter auch dann, wenn sie noch unversehrt sind, aber faktisch in absehbarer Zeit keine Möglichkeit der Wiedererlangung besteht. Das war in der Suez-Krise 1957 und im Irak/Iran-Krieg bei der Blockade dort liegender Schiffe der Fall. Schiffe und Güter wurden durch ein kriegsähnliches Ereignis entzogen. Auch eine Falschauslieferung an einen nicht empfangsberechtigten Dritten stellt einen Verlust dar, wenn die Herausgabe der Güter aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist. Als Zeitraum kommen die Verschollenheitsfristen in Betracht (vgl. auch § 424 HGB; Art. 20 CMR). Tauchen verloren gegangene oder falsch ausgelieferte Güter wieder auf, ändert das nichts am bereits eingetretenen Verlust. Der Versicherungsnehmer muss sich dann den Wert der wiedererlangten Güter anrechnen lassen. Reine Auslieferungshindernisse (Fehlen von Dokumenten) allein bedeuten noch keinen Verlust. Verlust liegt aber vor, wenn der Spediteur/Frachtführer die Suche nach den Gütern aufgibt, verweigert oder sie mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist.
Rz. 119
Sind die Güter nicht mehr reparaturfähig oder reparaturwürdig, erscheint eine Reparatur wirtschaftlich nicht sinnvoll (Wiederherstellungskosten übersteigen den Wert der Güter), liegt ein Totalverlust vor.
Rz. 120
Güter sind schließlich als Totalverlust anzusehen, wenn sie in ihrer ursprünglichen Beschaffenheit zerstört sind. Das ist bei Schrott oder Trümmern der Fall. Gleiches gilt, wenn sie so verdorben sind, dass sie nur noch beseitigt werden können oder nicht mehr als solche handelbar sind. Beispiele: Speise- und Industrieöl sind so vermischt, dass eine Trennung nicht möglich ist, Früchte, Weizen oder Häute sind so verdorben, dass sie nur noch als Viehfutter taugen. Haben dagegen Güter wie Rohstoffe einen Geruchsschaden mit der Folge eines erheblichen Minderwertes erlitten, bleiben sie handelbar, so dass ein Beschädigungsschaden und kein Total- oder Teilverlust gegeben ist.
Rz. 121
Ein Teilverlust liegt vor, wenn nur ein Teil der Güter im oben dargestellten Sinne in Verlust geraten ist. Der Versicherungsnehmer kann dann die anteilige Versicherungssumme verlangen. Hat aber der Teilverlust zur Entwertung der gesamten Güter geführt (Tiefkühlgut ist nur teilweise aufgetaut, Verwertung ist aber aus veterinärmedizinischen Gründen nicht möglich), ist von wirtschaftlichem Totalverlust auszugehen.