Rz. 111
Verletzt der Versicherungsnehmer seine Schadenminderungsobliegenheiten aus Ziff. 15.2 DTV-Güter 2000/2011 vorsätzlich oder grob fahrlässig, ist der Versicherer nach Ziff. 15.5. DTV-Güter 2000/2011 ohne gesonderte Mitteilung dieser Rechtsfolgen an den Versicherungsnehmer von der Verpflichtung zur Leistung frei. Der Versicherer bleibt aber zur Leistung verpflichtet, soweit die Verletzung der Obliegenheit weder für die Feststellung des Versicherungsfalls noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich war.
Rz. 112
Ziff. 15.5 DTV-Güter 2000/2011 berücksichtigt das Obliegenheitsrecht des § 28 VVG und macht von der Möglichkeit Gebrauch, von dieser halbzwingenden Vorschrift zu Lasten des Versicherungsnehmers abzuweichen. Abweichend von § 28 Abs. 2 VVG bleibt es bei grob fahrlässiger Obliegenheitsverletzung beim "Alles-oder-Nichts-Prinzip". Auch von § 28 Abs. 4 VVG wird abgewichen, wenn in Ziff. 15.5 bestimmt wird, dass die Leistungsfreiheit des Versicherers auch dann eintritt, wenn der Versicherungsnehmer nicht durch gesonderte Mitteilung in Textform auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde. Völlige Leistungsfreiheit setzt nach der in § 28 Abs. 3 VVG Gesetz gewordenen Relevanzrechtsprechung des BGH aber voraus, dass die Obliegenheitsverletzung für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers kausal geworden ist. Auch das findet in Ziff. 15.5 DTV-Güter 2000/2011 seinen Niederschlag. Die Obliegenheitsverletzung muss Nachteile für den Versicherer zur Folge haben; sie muss kausal gewesen sein. Das "Alles-oder-Nichts-Prinzip" wird in Verbindung mit dem Kausalitätserfordernis durch die Formulierung "soweit" relativiert. Der Versicherungsnehmer soll nur den von ihm verursachten Mehrschaden nicht ersetzt erhalten.
Rz. 113
Grob fahrlässig handelt ein Versicherungsnehmer, der sich im Schadenfall nicht über zu ergreifende Maßnahmen informiert. Er muss sich kundig machen, auch wenn er den Versicherungsvertrag nicht ständig zur Hand hat. Die generelle Kenntnis von Verhaltens- und Mitwirkungsobliegenheiten kann vorausgesetzt werden. Kausalität ist anzunehmen, wenn der Versicherungsnehmer ein marktübliches oder im Vertrag vorgesehenes Schadenfeststellungsverfahren unmöglich macht oder wenn er den Schaden durch Reparatur vor der Besichtigung behebt, so dass nicht mehr festgestellt werden kann, ob ein Versicherungsfall vorlag. Der Versicherer muss aber eine Besichtigung innerhalb eines zeitlich zumutbaren Rahmens vornehmen. Leistungsfreiheit tritt ein bei grobem Verschulden des Versicherungsnehmers oder seiner Repräsentanten. Da die bloße Überlassung der Obhut nicht ausreicht, ist der Kapitän eines Schiffes ebenso wenig Repräsentant wie der Verfrachter, Frachtführer, Spediteur oder Lkw-Fahrer.