I. Allgemeines

 

Rz. 153

Die Verkehrshaftungsversicherung deckt die gesetzliche und vertragliche Haftung der Verkehrsträger für Güterschäden (Verlust, Beschädigung), Lieferfristüberschreitungen und sonstige Vermögensschäden sowie Lieferfristüberschreitungen. Da die Verkehrshaftungsversicherung die Haftung aus Verkehrsverträgen deckt, könnte man sie klarstellend als Transporthaftungsversicherung bezeichnen.[197]

 

Rz. 154

Als Verkehrsträger kommen bei weiter Definition[198] insbesondere Straßenfrachtführer, Schwergutunternehmen, Umschlagbetriebe, Binnenschiffer, Reeder, Eisenbahnen, Luftfrachtbeförderer oder Kurier-, Express- und Paketdienste in Betracht. Der Kreis der Verkehrsträger im Sinne der DTV-VHV 2003/2011 ist jedoch auf Frachtführer im Straßengüterverkehr, Spediteure und Lagerhalter beschränkt.

 

Rz. 155

Die DTV-VHV 2003 folgen dem Baukastensystem. Der Versicherer kann einzelne Deckungsbausteine auswählen. Die Versicherung ist als laufende Versicherung konzipiert worden, so dass von den halb zwingenden Vorschriften der §§ 18, 32, 42, 52 Abs. 5, 87 VVG abgewichen werden kann.

[197] Vgl. hierzu: Abele, TranspR 2004, Bd. 3, Sonderbeilage S. II, der von Transporthaftungsversicherung spricht.
[198] Der Begriff umfasst im Rahmen der Verkehrshaftungsversicherung Verträge über alle Arten von mit Gütertransporten in Zusammenhang stehenden Leistungen, vgl. Thume/de la Motte/Ehlers/Kollatz, Teil 7 Rn 7.

II. Verkehrshaftungsversicherung als Haftpflichtversicherung

 

Rz. 156

Die Verkehrshaftungsversicherung ist Haftpflichtversicherung und keine Sachversicherung. Sie unterliegt den §§ 100 ff. VVG. Soweit es sich bei ihr um eine Pflichthaftpflichtversicherung nach § 7 a GüKG handelt, kommen die §§ 113 ff. VVG zur Anwendung.

 

Rz. 157

Typisch für die Haftpflichtversicherung ist das Dreiecksverhältnis zwischen Versicherungsnehmer, Versicherer und dem geschädigten Dritten. Dabei gilt grundsätzlich das Trennungsprinzip von Haftung und Deckung. Ob der Versicherungsnehmer dem Dritten gegenüber zu haften hat, ist von der Frage, ob der Versicherer dem Versicherungsnehmer Deckungsschutz zu gewähren hat, zu unterscheiden. Prozessrechtlich wird das Trennungsprinzip durch die Bindungswirkung der rechtskräftigen Entscheidung des Haftungsprozesses aufgehoben, denn die im Haftungsprozess getroffenen Feststellungen zum Bestehen oder Nichtbestehen der Haftpflicht sind auch im Deckungsverhältnis, also auch für einen Deckungsprozess, verbindlich.[199] Steht die Haftpflicht auch mit Wirkung für den Deckungsprozess fest, können dort nur noch versicherungsrechtliche Einwendungen geltend gemacht werden. Hat der Versicherer vom Haftpflichtprozess Kenntnis gehabt, seinem Versicherungsnehmer aber keinen Rechtsschutz gewährt, sondern ihm freie Hand gelassen, tritt die Bindungswirkung zu Lasten des Versicherers auch ein, wenn der Haftpflichtprozess durch Versäumnisurteil entschieden worden ist.[200] Ist streitig, ob ein Schaden unter die Deckung der Police fällt, braucht der Versicherungsnehmer nicht erst den Haftpflichtprozess abzuwarten, um dann den Deckungsprozess zu führen. Solange nicht feststeht, ob und in welcher Höhe ein Anspruch gegen den Versicherungsnehmer besteht, kann er auf Feststellung klagen, dass der Versicherer Versicherungsschutz zu gewähren habe. Sobald aber die Haftpflicht dem Grunde und der Höhe nach nicht mehr zweifelhaft ist, ist die Klage auf Befreiung von der Verbindlichkeit zu richten.

[199] Vgl. BGH VersR 2004, 590; VersR 2006, 106, VersR 2008, 641; Römer/Langheid, § 100 Rn 33.
[200] Vgl. BGH, VersR 1963, 421, 422; BGH, VersR 1978, 1105; OLG Koblenz, VersR 1995, 1298 f.

III. Verkehrshaftungsversicherung als Großrisiko und laufende Versicherung

 

Rz. 158

Nach Nr. 10 b der Anlage A zählen die Haftpflicht aus Landtransporten, die Luftfahrzeughaftpflichtversicherung sowie die See-, Binnen- und Flussschifffahrthaftpflicht (Nr. 11 und 12 Anlage A) zu den Großrisiken. Die Frachtführerhaftpflichtversicherung aus Landtransporten wie auch die Versicherung der Haftpflicht eines Frachtführers oder Spediteurs nach Frachtrecht (Land-, See- oder Binnenschifffahrtsfrachtrecht) sind Großrisikoversicherungen, nicht jedoch die Versicherung der Haftung des Spediteurs oder Lagerhalters.[201] Praktische Auswirkungen im Hinblick auf die Zulässigkeit von Abweichungen von den halb zwingenden Vorschriften der §§ 18, 32, 42, 52 Abs. 5, 87 VVG hat dies für die als laufende Versicherung konzipierten DTV-VHV 2003/2011 nicht, da § 210 VVG laufende Versicherungen den Großrisiken weitgehend gleichstellt.

[201] Vgl. LG Hamburg TranspR 2005, 221, 224; Ehlers, TranspR 2006, 7 f.

IV. DTV-Verkehrshaftungsversicherungs-Bedingungen für die laufende Versicherung für Frachtführer, Spediteure und Lagerhalter 2003/2011 (DTV-VHV 2003/2011)

1. Gegenstand der Versicherung (Ziff. 1 DTV-VHV 2003/2011)

a) Verkehrsverträge (Ziff. 1.1 DTV-VHV 2003/2011)

 

Rz. 159

Gegenstand der Verkehrshaftungsversicherung sind nach Ziff. 1.1 DTV-VHV 2003/2011 Verkehrsverträge, namentlich Fracht-, Speditions- und Lagerverträge. Frachtverträge sind nur versichert, wenn es sich um Straßengüterverkehre handelt. Andere Transportarten, insbesondere See-, Luft- und Eisenbahnfrachtverträge sind damit vom Deckungsschutz ausgenommen.

Der konkrete Umfang der Versicherung wird durch die Betriebsbeschreibung bestimmt. In ihr können etwa die Art der Verkehre und der regelmäßig zu befördernden Güter, der räumliche Geltungsbereic...

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