1. Interesse/Gegenstand der Versicherung (Ziff. 1 DTV-Güter 2000/2011; Ziff. 9.6.2 ADS Güterversicherung 73/84/94 i.V.m. § 1 ADS 1919)
a) Gegenstand der Versicherung/Versicherbares Interesse
Rz. 26
Nach Ziff. 1.1 DTV-Güter 2000/2011 muss jeder Versicherung ein versicherbares Interesse zugrunde liegen. Das ist auch für das VVG unbestritten. Gegenstand auch der Güterversicherung ist nicht die Sache selbst, sondern das Interesse daran, also die vermögensrechtliche Beziehung, die jemand zu den betreffenden Gütern hat. Im Schadenfall wird diese Beziehung nachteilig verändert. Ein Interesse hat derjenige, der ohne Versicherung den Schaden tragen müsste. Wareninteressent in diesem Sinne kann und wird oft der Eigentümer sein. Die DTV-Güter 2000/2011 stellen allerdings viel weitgehender auf "jedes in Geld schätzbare Interesse" ab. Dieses kann für den Eigentümer, den Pfandgläubiger, den Nutzungsberechtigten (Mieter, Pächter) sowie denjenigen bestehen, der die Gefahr trägt. Träger des wirtschaftlichen Interesses muss nicht immer der Versicherungsnehmer sein. Die Güterversicherung schützt oft allein den Kunden des Versicherungsnehmers. Bei einer Haus-zu-Haus-Versicherung, bei FOB-, CIF- oder CIP-Geschäften können sowohl der Verkäufer als auch der Käufer ein eigenes wirtschaftliches Interesse an einer schadenfreien Beförderung haben. Solange der Kaufpreis nicht bezahlt ist, haben sowohl der Verkäufer als auch der Käufer, auf den die Gefahr übergegangen ist, ein versicherbares Interesse.
Rz. 27
Das versicherte Interesse muss "legal" sein. Der Versicherungsvertrag darf keinem verbotenen oder sittenwidrigen Zweck dienen. Es fehlt an einem versicherbaren Interesse, wenn der Vertrag gegen §§ 134, 138 BGB verstößt. Ziff. 1.2 DTV-Güter 2000/2011 regelt ausdrücklich, dass Versicherungsschutz nur soweit und solange besteht, wie keine auf die Vertragsparteien direkt anwendbaren Wirtschafts-, Handels- oder Finanzsanktionen bzw. Embargos der Europäischen Union oder der BRD entgegenstehen. Unter Verbotsgesetze nach § 134 BGB fallen nur deutsche Gesetze, zu denen auch völkerrechtliche Verträge und EU-VO gehören können. Verstöße gegen ausländische Gesetze können jedoch zur Anwendung des § 138 BGB führen und den Vertrag wegen Sittenwidrigkeit unwirksam machen. Dagegen sind Versicherungsverträge nicht unwirksam, wenn es bei ausländischen Gesetzen um den Schutz fiskalischer Interessen, wie im Fall von Verstößen gegen Einfuhr-, Ausfuhr-, Zoll- und Steuergesetze, denen keine allgemein anerkannten politischen Ziele zugrunde liegen, geht.
b) Gefahren der Beförderung
Rz. 28
Die DTV-Güter 2000/2011/Volle Deckung ist eine Allgefahrendeckung. Durch die Formulierung "Gefahren der Beförderung" wird der Grundsatz der Universalität oder Totalität der Gefahrendeckung nicht eingeschränkt.
aa) Güter
Rz. 29
Güter sind Waren aller Art, auch Tiere und Sachen, die mithilfe eines Transportmittels von einem Ort zu einem anderen befördert werden. Fahrzeuge, Container, Paletten und Verpackung gelten als Güter, wenn sie selbst Gegenstand einer Beförderung sind.
bb) Lagerungen
Rz. 30
Als Lagerungen gelten Aufenthalte in Lagerhäusern wie auch Lagerungen im Freien. Versichert sind transportbedingte und disponierte Lagerungen. Disponiert sind Lagerungen, die vom Versicherungsnehmer verfügt worden sind, sofern sie in einem engen kausalen Zusammenhang mit dem Transport stehen. Wenn vereinbart, können sie als Vorlagerung vor dem Transport und/oder als Nachlagerung nach dem Transport mitversichert werden. Konsignations- und Auslieferungslager sind in der Regel disponierte Lagerungen ohne unmittelbare Verbindung mit dem Transport. Die Dauer der Versicherung von Lagerungen wird in den Ziff. 8 und 9 DTV-Güter 2000/2011 geregelt.
cc) Imaginärer Gewinn
Rz. 31
Imaginärer Gewinn ist nicht der tatsächlich erzielte oder zu erzielende Gewinn, sondern ein pauschalierter, hypothetischer Gewinn. Die Versicherung eines pauschalisierten Gewinns verstößt nicht gegen das Bereicherungsverbot. Im Rahmen der Vertragsfreiheit können die Parteien den imaginären Gewinn festsetzen, aber nur in den Grenzen von § 76 VVG. Versichert ist nur ein imaginärer Gewinn, der nach kaufmännischer Berechnung erwartet werden durfte. Einen überhöhten imaginären Gewinn braucht der Versicherer nicht zu ersetzen. Ist eine Taxe vereinbart, kann er eine Herabsetzung verlangen. Bei gemeinsamer Versicherung von Gütern und Gewinn gehen Ziff. 10.3 DTV-Güter 2000/2011, § 101 ADS 1919 von einem Gewinninteresse von 10 % aus.
dd) Mehrwertversicherung
Rz. 32
Neben dem imaginären Gewinn kann Mehrwert versichert werde...