Norbert Schneider, Lotte Thiel
I. Antragserweiterung
Rz. 4
Die Antragserweiterung eröffnet weder für den Anwalt des Antragstellers noch für den des Antragsgegners eine neue Angelegenheit, sondern stellt nur eine Erweiterung der bisherigen Angelegenheit dar, so dass es bei der Anwendung des bisherigen Rechts verbleibt.
II. Anwaltswechsel
Rz. 5
Bei einem Anwaltswechsel kann der neue Anwalt, sofern er nach dem Stichtag beauftragt worden ist, nach neuem Recht abrechnen.
Rz. 6
Nach der Rspr. sind in diesem Fall allerdings nur die Kosten nach altem Recht zu erstatten, wenn der Anwaltswechsel nicht ausnahmsweise notwendig war.
Beispiel 1: Anwaltswechsel
Anwalt A hatte für die Antragstellerin im Mai 2013 einen Antrag auf Unterhalt beim FamG eingereicht. Im Oktober 2014 hatte Anwalt A das Mandat niedergelegt, so dass die Antragstellerin nunmehr Anwalt B beauftragt hat.
Für Anwalt A gilt altes Recht, da er vor der Änderung des RVG beauftragt worden war. Für Anwalt B gilt dagegen bereits neues Recht, da ihm der Auftrag erst nach der Änderung des RVG erteilt worden ist. Dass er ein "Altmandat" übernommen hat, ist insoweit unerheblich.
Zu erstatten sein soll nur die Vergütung nach altem Recht, was jedoch unzutreffend ist. Nach § 91 Abs. 2 ZPO werden zwar nur die Kosten "eines" Anwalts erstattet. Es ist jedoch nicht davon die Rede, dass dies der "erste" Anwalt sein muss.
III. Arrestverfahren
Rz. 7
Arrestverfahren stellen nach § 17 Nr. 4 Buchst. a) RVG gegenüber dem Hauptsacheverfahren eine eigene Angelegenheit dar. Ist der Anwalt vor dem 1.8.2013 mit einem Arrestverfahren beauftragt worden und erst nach dem 31.7.2013 mit dem Hauptsacheverfahren, so erhält der Anwalt im Arrestverfahren die Vergütung nach altem Recht und im Hauptsacheverfahren nach neuem Recht.
Beispiel 2: Arrest und Hauptsache
Der Anwalt hatte im Mai 2013 einen Arrest wegen einer Zugewinnforderung erwirkt. Im August 2013 hatte er den Hauptsacheantrag Zugewinn eingereicht.
Für das Arrestverfahren gilt altes Recht; für den Hauptsacheantrag gilt neues Recht.
Rz. 8
Ist umgekehrt vor dem Stichtag der Auftrag für das Hauptsacheverfahren erteilt worden und der Auftrag für das Arrestverfahren danach, so erhält der Anwalt die Vergütung für das Hauptsacheverfahren nach altem Recht und die Vergütung für das Arrestverfahren nach neuem Recht.
Beispiel 3: Hauptsache und Arrest
Der Anwalt hatte im Mai 2013 einen Antrag auf Zahlung von Zugewinnausgleich eingereicht. Im August 2013 hat er einen Arrestantrag gestellt.
Für den Hauptsacheantrag gilt altes Recht; für das Arrestverfahren gilt dagegen neues Recht.
Rz. 9
Da Anordnungs-, Abänderungs- und Aufhebungsverfahren eine Angelegenheit darstellen (§ 16 Nr. 5 RVG), bleibt es auch für diese Nachverfahren beim alten Recht, wenn sich der Arrest noch nach altem Recht richtet.
Beispiel 4: Arrest und Aufhebungsverfahren
Der Anwalt hatte im Mai 2013 einen Arrest erwirkt. Im August 2014 hat der Gegner beantragt, den Arrest wegen veränderter Umstände aufzuheben.
Da der Erlass des Arrests und das Aufhebungsverfahren eine einzige Angelegenheit sind (§ 16 Nr. 5 RVG), bleibt es bei den Gebühren nach altem Recht, sofern überhaupt neue Gebühren anfallen.
IV. Außergerichtliche Vertretung/gerichtliches Verfahren
Rz. 10
Die außergerichtliche Vertretung und ein nachfolgendes gerichtliches Verfahren sind immer verschiedene Angelegenheiten, so dass die Anwendung des Gebührenrechts gesondert zu prüfen ist. Richtet sich die außergerichtliche Vertretung nach altem Recht, das gerichtliche Verfahren aber nach neuem Recht, so ist die Geschäftsgebühr nur nach den alten Beträgen anzurechnen.
Beispiel 5: Außergerichtliche Vertretung/gerichtliches Verfahren
Der Anwalt war im Mai 2013 außergerichtlich beauftragt worden, Zugewinnausgleich in Höhe von 6.000,00 EUR geltend zu machen. Im August 2013 hatte er den Auftrag für das gerichtliche Verfahren erhalten.
Die Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV) richtet sich nach den Gebührenbeträgen des § 13 RVG a.F.; die Gebühren des gerichtlichen Verfahrens richten sich dagegen bereits nach den Gebührenbeträgen des § 13 RVG n.F. Angerechnet (Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV) wird die hälftige Geschäftsgebühr nach den alten Gebührenbeträgen.
I. |
Außergerichtliche Vertretung |
|
|
1. |
1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV |
|
507,00 EUR |
|
(Wert: 6.000,00 EUR) |
|
|
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
527,00 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
100,13 EUR |
Gesamt |
|
627,13 EUR |
II. |
Gerichtliches Verfahren |
|
|
1. |
1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 3100 VV |
|
460,20 EUR |
|
(Wert: 6.000,00 EUR) |
|
|
2. |
gem. Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV anzurechnen, 0,75 aus 6.000,00 EUR |
|
– 253,50 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
226,70 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
... |