Norbert Schneider, Lotte Thiel
A. Überblick
Rz. 1
Mit Inkrafttreten des 2. KostRMoG zum 1.8.2013 sind zahlreiche Vorschriften des RVG, aber auch des FamGKG geändert worden. Abgesehen davon sind die Gebührenbeträge der §§ 13 und 49 RVG angehoben worden. Daher stellt sich in der Praxis häufig die Frage, ob altes oder neues Kostenrecht anzuwenden ist. In Anbetracht der Laufzeit mancher Verfahren, insbesondere Verbundverfahren, spielt das Übergangsrecht in der Praxis immer noch eine Rolle. Dabei ergeben sich in Familiensachen einige Besonderheiten.
B. Allgemeiner Grundsatz
Rz. 2
Das Übergangsrecht ergibt sich für die Anwaltsvergütung aus § 60 RVG. Wie in allen Übergangsfällen gilt auch hier, dass es grundsätzlich auf den Tag der unbedingten Auftragserteilung zur Erledigung derselben Angelegenheit i.S.d. § 15 RVG ankommt, bzw. auf den Tag der Beiordnung (§ 60 Abs. 1 S. 1 RVG). Vereinfacht ausgedrückt:
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Ist dem Anwalt der Auftrag vor dem 1.8.2013 erteilt worden oder ist er vor diesem Tag beigeordnet worden, dann gilt nach wie vor noch altes Recht. |
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Ist der Anwalt nach dem 31.7.2013 beauftragt oder beigeordnet worden, gilt bereits neues Recht. |
Rz. 3
Zu beachten ist, dass auf die Auftragserteilung oder Beiordnung zur jeweiligen Angelegenheit i.S.d. § 15 RVG abzustellen ist. Dies kann dazu führen, dass sich während eines laufenden Mandats das zugrunde liegende Recht ändert, wenn eine neue Angelegenheit beginnt. Dies ist insbesondere in Anrechnungsfällen zu beachten.
C. Einzelfälle
I. Antragserweiterung
Rz. 4
Die Antragserweiterung eröffnet weder für den Anwalt des Antragstellers noch für den des Antragsgegners eine neue Angelegenheit, sondern stellt nur eine Erweiterung der bisherigen Angelegenheit dar, so dass es bei der Anwendung des bisherigen Rechts verbleibt.
II. Anwaltswechsel
Rz. 5
Bei einem Anwaltswechsel kann der neue Anwalt, sofern er nach dem Stichtag beauftragt worden ist, nach neuem Recht abrechnen.
Rz. 6
Nach der Rspr. sind in diesem Fall allerdings nur die Kosten nach altem Recht zu erstatten, wenn der Anwaltswechsel nicht ausnahmsweise notwendig war.
Beispiel 1: Anwaltswechsel
Anwalt A hatte für die Antragstellerin im Mai 2013 einen Antrag auf Unterhalt beim FamG eingereicht. Im Oktober 2014 hatte Anwalt A das Mandat niedergelegt, so dass die Antragstellerin nunmehr Anwalt B beauftragt hat.
Für Anwalt A gilt altes Recht, da er vor der Änderung des RVG beauftragt worden war. Für Anwalt B gilt dagegen bereits neues Recht, da ihm der Auftrag erst nach der Änderung des RVG erteilt worden ist. Dass er ein "Altmandat" übernommen hat, ist insoweit unerheblich.
Zu erstatten sein soll nur die Vergütung nach altem Recht, was jedoch unzutreffend ist. Nach § 91 Abs. 2 ZPO werden zwar nur die Kosten "eines" Anwalts erstattet. Es ist jedoch nicht davon die Rede, dass dies der "erste" Anwalt sein muss.
III. Arrestverfahren
Rz. 7
Arrestverfahren stellen nach § 17 Nr. 4 Buchst. a) RVG gegenüber dem Hauptsacheverfahren eine eigene Angelegenheit dar. Ist der Anwalt vor dem 1.8.2013 mit einem Arrestverfahren beauftragt worden und erst nach dem 31.7.2013 mit dem Hauptsacheverfahren, so erhält der Anwalt im Arrestverfahren die Vergütung nach altem Recht und im Hauptsacheverfahren nach neuem Recht.
Beispiel 2: Arrest und Hauptsache
Der Anwalt hatte im Mai 2013 einen Arrest wegen einer Zugewinnforderung erwirkt. Im August 2013 hatte er den Hauptsacheantrag Zugewinn eingereicht.
Für das Arrestverfahren gilt altes Recht; für den Hauptsacheantrag gilt neues Recht.
Rz. 8
Ist umgekehrt vor dem Stichtag der Auftrag für das Hauptsacheverfahren erteilt worden und der Auftrag für das Arrestverfahren danach, so erhält der Anwalt die Vergütung für das Hauptsacheverfahren nach altem Recht und die Vergütung für das Arrestverfahren nach neuem Recht.
Beispiel 3: Hauptsache und Arrest
Der Anwalt hatte im Mai 2013 einen Antrag auf Zahlung von Zugewinnausgleich eingereicht. Im August 2013 hat er einen Arrestantrag gestellt.
Für den Hauptsacheantrag gilt altes Recht; für das Arrestverfahren gilt dagegen neues Recht.
Rz. 9
Da Anordnungs-, Abänderungs- und Aufhebungsverfahren eine Angelegenheit darstellen (§ 16 Nr. 5 RVG), bleibt es auch für diese Nachverfahren beim alten Recht, wenn sich der Arrest noch nach altem Recht richtet.
Beispiel 4: Arrest und Aufhebungsverfahren
Der Anwalt hatte im Mai 2013 einen Arrest erwirkt. Im August 2014 hat der Gegner beantragt, den Arrest wegen veränderter Umstände aufzuheben.
Da der Erlass des Arrests und das Aufhebungsverfahren eine einzige Angelegenheit sind (§ 16 Nr. 5 RVG), bleibt es bei den Gebühren nach altem Recht, sofern überhaupt neue Gebühren anfallen.
IV. Außergerichtliche Vertretung/gerichtliches Verfahren
Rz. 10
Die außergerichtliche Vertretung und ein nachfolgendes gerichtliches Verfahren sind im...