Rz. 74

Insbesondere bei Familienunternehmen werden die Kinder häufig zur Heranführung an das elterliche Unternehmen zunächst nur unterbeteiligt. Da die Rechtsform der GmbH & Co. KG bei mittelständischen Unternehmen sehr verbreitet ist, ist daher die häufigste Erscheinungsform die atypische Unterbeteiligung an einem Kommanditanteil. Wenn die Kinder älter werden, soll die Unterbeteiligung meist in eine Direktbeteiligung umgewandelt werden. Der nachvollziehbare Wunsch stellt die Betroffenen steuerlich vor nicht unerhebliche Schwierigkeiten.

 

Rz. 75

Teilweise wurde in der Rechtsprechung vertreten,[130] dass ein steuerneutraler Wechsel von der Unterbeteiligung zur Hauptbeteiligung nicht möglich sei. Die Beendigung der Unterbeteiligung löse einen Abfindungsanspruch des Unterbeteiligten aus, der einkommensteuerpflichtig sei. Im Gegenzug wird die Abfindungsverbindlichkeit des Unterbeteiligten vom Hauptbeteiligten durch Hingabe eines Anteils an der mitunternehmerischen Hauptbeteiligung erfüllt. Hierdurch würde eine Leistung an Erfüllung statt gemäß § 364 BGB vorgenommen, die zu einer Veräußerungsgewinnbesteuerung führt.[131]

 

Rz. 76

Der BFH ist dieser Auffassung entgegengetreten.[132] Der BFH bewertet die atypische Unterbeteiligung für Einkommensteuerzwecke wie eine eigenständige Hauptbeteiligung, wodurch eine steuerneutrale Umwandlung möglich werden dürfte.[133] Der BFH behandelt die Einräumung einer atypischen Unterbeteiligung durch den Hauptbeteiligten wie eine Einbringung der Hauptbeteiligung in die durch Aufnahme des bzw. der Unterbeteiligung neu gegründeten Mitunternehmerschaft. Folglich ist auch der zivilrechtlich Hauptbeteiligte für steuerliche Zwecke nur noch mittelbar über die "Unterbeteiligungsgesellschaft" als "Obergesellschaft" an der Hauptbeteiligung beteiligt. Damit entsteht für steuerliche Zwecke eine mehrstöckige Gesamthandsmitunternehmerschaft i.S.v. § 15 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG. Steuerlich werden damit nicht nur die Unterbeteiligten, sondern auch der Hauptbeteiligte wie mittelbar an der Hauptgesellschaft Beteiligte behandelt.[134] Die Rechtsprechung des BFH fußt im Kern auf dem Gedanken, dass aufgrund der wirtschaftlichen Vergleichbarkeit die Beteiligung über eine Außengesellschaft und über eine Innengesellschaft gleich zu behandeln sind.[135]

 

Rz. 77

Zu der Frage, wie die Umwandlung von einer Unterbeteiligung in eine Hauptbeteiligung dogmatisch einzuordnen ist, hat sich der BFH allerdings nicht geäußert.

In der Literatur werden verschiedene Ansätze vertreten.[136] Einigkeit besteht in der Literatur in jedem Fall, dass die Umwandlung einer atypischen Unterbeteiligung in eine Direktbeteiligung steuerneutral möglich sein muss. Das Hauptargument dabei ist, dass die steuerlichen Folgen hinsichtlich der bei der Hauptbeteiligung ggf. vorhandenen stillen Reserven bereits bei der Gründung der Unterbeteiligungsgesellschaft gezogen wurden, indem die Mitunternehmerstellung des Hauptbeteiligten teilweise beendet wurde und die des Unterbeteiligten spiegelbildlich in diesem Moment begann. Erfolgte die Einräumung der Unterbeteiligung unentgeltlich, war dies gemäß § 6 Abs. 3 EStG steuerneutral zu Buchwerten möglich.[137] Wurde die Unterbeteiligung gegen ein Entgelt eingeräumt, war im Errichtungszeitpunkt der Veräußerungsgewinn gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu versteuern. Vor diesem Hintergrund ist die spätere Umwandlung der Unterbeteiligung in eine Hauptbeteiligung lediglich als eine Anpassung des zivilrechtlichen Rahmens an die bereits errichtete steuerliche Struktur zu sehen. Aus den vorgenannten Gründen ist es denklogisch und folgerichtig, dass die Umwandlung der Unterbeteiligung in eine Direktbeteiligung keine steuerrelevante Änderung beinhalten kann.

 

Rz. 78

Um das Ergebnis des steuerneutralen Wechsels in eine Hauptbeteiligung zu erreichen, wird in der Literatur ganz überwiegend vertreten, dass der Wechsel von der Unterbeteiligung in die Direktbeteiligung als ein "steuerneutraler Formwechsel" anzusehen ist.[138] Hierbei handelt es sich nach dieser Ansicht um ein ertragsteuerliches "Nullum". Diese Ansicht steht jedoch nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des BFH. Nach dem BFH wird die atypische Unterbeteiligung so eingeordnet, dass es sich bei einer Unterbeteiligung um eine doppelstöckige Mitunternehmerschaft handelt, bei der zwei Mitunternehmerschaften auf zwei unterschiedlichen Ebenen bestehen (Obergesellschaft = Unterbeteiligungsgesellschaft; Untergesellschaft = Hauptgesellschaft). Durch die Umwandlung der Unterbeteiligungsgesellschaft würde die doppelstöckige Mitunternehmerschaft wieder entfallen. Dieser steuerliche Grundgedanke des BFH wird jedoch bei dem Gedanken eines steuerneutralen "Formwechsels" missachtet.[139]

 

Rz. 79

Teilweise wird in der Literatur auch vertreten, dass es sich bei der Umwandlung einer Unterbeteiligung in eine Hauptbeteiligung um eine Einbringung von Betriebsvermögen in eine Personengesellschaft nach § 24 UmwStG handelt.[140] Es dürfte hierbei jedoch an einer für § 24 UmwStG erforderlichen Ü...

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