Rz. 12
Im Todesfall erhöht sich der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehegatten um ein Viertel. Damit ist der Zugewinn pauschal abgegolten, unabhängig von der Entstehung eines tatsächlichen Zugewinns. Die Erhöhung tritt also auch dann ein, wenn nur der überlebende Ehegatte Zugewinn erzielt hat. Sie führt zu einer entsprechenden Reduzierung der Kinderpflichtteile. Zuwendungen, die der überlebende Ehegatte erhalten hat, werden – anders als Vorausempfänge gem. § 1380 BGB – auf den erhöhten Erbteil nicht angerechnet.
Rz. 13
Die vorgenannte Erhöhung des gesetzlichen Erbteils kommt aber nur in Betracht, wenn der überlebende Ehegatte gesetzlicher oder durch Verfügung von Todes wegen berufener Erbe oder Vermächtnisnehmer ist. In letzterem Fall kann er, sofern noch Pflichtteilsansprüche oder Pflichtteilsergänzungsansprüche bestehen, den großen Pflichtteil aus dem erhöhten gesetzlichen Erbteil verlangen, jedoch keinen weiteren Zugewinn. Der Erblasser kann somit dem Ehegatten immer den großen Pflichtteil verschaffen und damit zugleich die Pflichtteilsansprüche anderer Pflichtteilsberechtigter vermindern, indem er diesem wenigstens ein Vermächtnis zuwendet.
Hinweis
Der Pflichtteil der Kinder lässt sich vermindern, indem der überlebende Ehegatte bedacht wird, so dass er Anspruch auf den großen Pflichtteil hat.
Ist der überlebende Ehegatte weder Erbe noch Vermächtnisnehmer, so greift die güterrechtliche Lösung nach § 1371 Abs. 2 BGB. Er erhält in diesem Fall neben dem Zugewinn nur den kleinen, d.h. aus dem nicht erhöhten Erbteil berechneten Pflichtteil.
Rz. 14
Der überlebende Ehegatte hat im gesetzlichen Güterstand immer das Recht, den Erbteil auszuschlagen und stattdessen – entgegen den sonstigen Regelungen zum Pflichtteil – den Pflichtteil und den tatsächlichen Zugewinn zu verlangen (§ 1371 Abs. 2, Abs. 3 BGB). In einem solchen Fall erhält er aber ebenfalls nur den kleinen Pflichtteil, der sich aus dem nicht erhöhten Ehegattenerbteil berechnet.
Hinweis
Bei der Beratung des überlebenden Ehegatten sollte immer überprüft werden, ob durch Ausschlagung und güterrechtliche Lösung die Ansprüche des überlebenden Ehegatten höher sind.
Hierdurch lassen sich ggf. bei Gesamtbetrachtung für alle Erben auch erbschaftsteuerliche Vorteile erzielen.
Zu beachten ist, dass der Zugewinnausgleichsanspruch im Todesfall auch dann bestehen bleibt, wenn der Zugewinn im Scheidungsfall ehevertraglich ausgeschlossen ist. Auch eine andere Erbeinsetzung und ein Pflichtteilsverzicht des Ehegatten bewirken nicht, dass der güterrechtliche Zugewinnausgleichsanspruch des Ehegatten nach § 1371 Abs. 2 BGB entfällt.
Hinweis
Sollen im Erbfall keine Ansprüche des Ehegatten bestehen, auch nicht auf den güterrechtlichen Zugewinn nach § 1371 Abs. 2 BGB, so muss der Zugewinn vollständig oder zumindest zusätzlich für den Fall des § 1371 Abs. 2 BGB ausgeschlossen werden. Eine zusätzliche Enterbung oder ein Pflichtteilsverzicht genügen in diesem Fall nicht.