Rz. 345
Während bis zum Jahr der Trennung durch die Zusammenveranlagung noch steuerliche Vorteile erzielt werden können, gerät ab dem folgenden Jahr das sog. begrenzte Realsplitting nach §§ 10 Abs. 1a Nr. 1 und 22 Nr. 1a EStG als Möglichkeit in den Blick, i.R.d. Unterhaltszahlung eine steuerlich günstige Vertragsgestaltung zu wählen. Damit kann der Unterhaltspflichtige den Unterhalt bis zu einem Betrag von derzeit 13.805,00 EUR im Kalenderjahr als Sonderausgabe abziehen (entgegen dem Grundsatz des § 12 Nr. 1 EStG, dass Unterhaltszahlungen einkommensteuerlich nicht abziehbar sind). Damit korrespondiert die Pflicht des Unterhaltsberechtigten, den Unterhalt zu versteuern. Der Unterhaltspflichtige hat diese entsprechenden Steuernachteile zu ersetzen und kann dann Zustimmung vom anderen Ehegatten verlangen. Per Saldo kann sich hieraus ein steuerlicher Vorteil ergeben, zumal beim Berechtigten erst ab Einkünften über 11.604,00 EUR im Jahr Einkommensteuer anfällt. Nach § 10 Abs. 1a Nr. 1 Satz 2 EStG können für die Absicherung des geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden, unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten aufgewandte Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherungen i.R.d. § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG zusätzlich zum Höchstbetrag abgezogen werden.
Hinweis
Der Antrag auf Abzug als Sonderausgabe kann nach R 10.2. Abs. 1 EStR 2012 auch auf einen Teil der Unterhaltsleistung begrenzt werden, was zur steuerlichen Optimierung dieses Instruments genutzt werden kann. Die genannte Obergrenze führt ferner bei der Zahlung von Unterhaltsabfindungen häufig zu einer gestreckten Fälligkeit, um die Abziehbarkeit über mehrere Jahre zu ermöglichen.
a) Voraussetzungen
Rz. 346
Steuerliche Voraussetzungen für das begrenzte Realsplitting sind:
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Unterhaltsleistung an Ehegatten; dies gilt sowohl für den gesetzlichen Unterhalt als auch für einen vertraglichen oder freiwilligen Unterhalt. Nach der Rspr. des BFH stellt auch die Überlassung einer Wohnung eine Unterhaltsleistung dar. Somit ist auch der Wohnvorteil i.H.d. ortsüblichen Miete bzw. des unterhaltsrechtlich relevanten Mietwertes abziehbar. Gleiches gilt für die vom Pflichtigen getragenen verbrauchsunabhängigen Kosten sowie ggf. Schuldzinsen. Als andere – nicht rechtsmissbräuchliche – Gestaltung kommt auch in Betracht, dem Berechtigten die Wohnung zu vermieten und ihm durch höheren Barunterhalt die Mietzahlung zu ermöglichen. |
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Scheidung oder dauerndes Getrenntleben; damit kommt eine Inanspruchnahme im Trennungsjahr regelmäßig noch nicht in Betracht, da in diesem Zeitraum noch die Zusammenveranlagung möglich und günstiger ist. |
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Unbeschränkt steuerpflichtiger Empfänger oder nach § 1a EStG gleichgestellter EU- oder EWR-Angehöriger. |
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Zustimmung des Empfängers; einmal erteilt, gilt sie bis auf Widerruf. Der Widerruf ist erst für das folgende Veranlagungsjahr wirksam. Er kann ggü. dem Wohnsitzfinanzamt sowohl des Verpflichteten als auch des Berechtigten erklärt werden. |
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Antrag des Unterhaltspflichtigen; wird in jedem Kalenderjahr neu gestellt. |
Rz. 347
Ggü. dem Finanzamt werden Antrag und Zustimmung i.d.R. unter Verwendung der Anlage U zur Einkommensteuererklärung erklärt. Antrag und Zustimmung können auch nach bestandskräftiger Veranlagung noch gestellt werden und führen dann nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu einer geänderten Veranlagung.
Hinweis
Das begrenzte Realsplitting kann nach bestandskräftiger Veranlagung noch geltend gemacht werden.
Mit Abgabe der Erklärung tritt Gestaltungs- und Bindungswirkung ein. Antrag und Zustimmung sind bis auf den Widerruf (§ 10 Abs. 1a Nr. 1 Satz 4 EStG) wirksam, können jedoch später nicht mehr rückwirkend zurückgenommen werden. Aus diesem Grunde kann auch keine nachträgliche Reduzierung erfolgen, denn diese stellt eine Teilrücknahme dar.
Hinweis
Es sollten zunächst die Nachteile berechnet werden, die durch das begrenzte Realsplitting entstehen, denn ist der Antrag erst beim Finanzamt gestellt, kann er später auch mit Zustimmung des anderen Ehegatten nicht wieder zurückgenommen werden.
b) Steuerpflicht beim Empfänger
Rz. 348
Der Empfänger hat den Unterhalt als Folge des Realsplittings als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 1a EStG zu versteuern, jedoch nur, soweit die Zahlungen beim Verpflichteten auch tatsächlich als Sonderausgaben berücksichtigt werden (Korrespondenzprinzip).