Rz. 230
Das Maß des Unterhalts bestimmt sich gem. § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Der volle Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf (§ 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB). Der Lebensbedarf bezeichnet den Höchstbetrag des zu fordernden Unterhalts. Bedürftigkeit hingegen liegt nur vor, solange und soweit sich der Berechtigte nicht aus seinem Einkommen und seinem Vermögen selbst unterhalten kann (§ 1577 Abs. 1 BGB).
a) Eheliche Lebensverhältnisse
Rz. 231
Entscheidend sind die Lebensverhältnisse, welche für die Ehe prägend waren. Aufgrund der Rspr. des BGH und der gesetzlichen Änderungen durch die Unterhaltsrechtsreform, insb. des § 1578b BGB und der gesteigerten Erwerbsobliegenheiten in § 1574 BGB ist mit dem Unterhaltsanspruch heute keine Lebensstandsgarantie mehr verbunden. Konkret zu ermitteln ist die Einkommens- und Vermögenslage beider Ehegatten, welche die ehelichen Lebensverhältnisse nachhaltig geprägt haben. Somit sind die ehelichen Lebensverhältnisse für beide Ehegatten gleich. Es soll ein Lebensstandard nach einem objektiven Maßstab entscheidend sein, wie er vom Standpunkt eines vernünftigen Beobachters nach dem sozialen Status der Ehegatten i.d.R. gewählt wird, so dass sowohl eine verschwenderische als auch eine übertrieben sparsame Lebensführung außer Betracht bleiben.
Rz. 232
Daher ist insb. das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen der Parteien zu bestimmen. Dafür ist das ganze verfügbare Familieneinkommen zu berücksichtigen. Für die Ermittlung des Bedarfs ist zu unterscheiden, ob das Einkommen prägend war oder nicht.
Rz. 233
Zum unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen zählen hauptsächlich
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Erwerbseinkommen und |
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Vermögenseinkommen, |
aber auch sonstige Einkünfte wie sozialstaatliche Leistungen oder Sachbezüge, soweit es sich nicht um subsidiäre Sozialleistungen handelt.
Rz. 234
Nach der Rspr. des BGH hat aber auch die Familienarbeit durch Kinderbetreuung oder Hausarbeit die Ehe geprägt. Deren Wert spiegelt sich in dem Einkommen wider, das derjenige Ehegatte, der Familienarbeit leistet, nach der Scheidung durch Aufnahme einer Erwerbstätigkeit erzielt. Auch dieses Einkommen ist daher eheprägend. Problematisch ist oft die Bemessung der Einkünfte aus selbstständiger Arbeit und unternehmerischer Tätigkeit. Diesbezüglich muss unterhaltsrechtlich ggf. eine Festsetzung getroffen werden, die von den steuerlichen Zahlen abweicht.
Hinweis
Bei Selbstständigen entspricht das steuerliche Einkommen nicht dem unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen. Korrekturen sind insb. erforderlich bei Sonderabschreibungen oder bei sonstigen Positionen, welche die private Lebensführung berühren.
b) Prägendes Einkommen
Rz. 235
Bei der Berechnung des Unterhaltsbedarfs – anders bei der Leistungsfähigkeit – kommt nur Einkommen in Betracht, das die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt hat. Als solches ist im Grundsatz das bis zur Ehescheidung nachhaltig erzielte Einkommen anzusehen.
Rz. 236
Nach der Rspr. des BGH ist Einkommen aus überobligatorischer (unzumutbarer) Tätigkeit nur in Höhe des unterhaltsrelevanten Anteils zu berücksichtigen.
Rz. 237
Prägend sind auch Kapital- oder Vermögenserträge, wenn die Ehegatten über sie tatsächlich verfügen konnten und sie in die Bestreitung des ehelichen Lebensbedarfs geflossen sind. Unerheblich ist die Herkunft des Vermögens. Somit sind auch Erträge aus unternehmerischem Vermögen, welches aus der Familie übertragen wurde, in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen, wenn dies nicht ehevertraglich ausgeschlossen wurde.
Als eheprägend in diesem Sinne ist auch das mietfreie Wohnen im eigenen Haus anzusehen, und zwar i.H.d. Differenz zwischen objektivem Mietwert einerseits und Aufwand andererseits.
Rz. 238
Die Rspr. erkennt auch die Familienarbeit (Haushalt und Kinderbetreuung) des nicht berufstätigen Ehegatten als eheprägend an und sieht in der nachfolgend aufgenommenen Erwerbstätigkeit quasi ein Surrogat der bisherigen Haushaltstätigkeit desjenigen Ehegatten, der Familienarbeit leistete. Gleiches gilt für das Mehreinkommen durch Ausweitung einer Halbtags- zu einer Ganztagstätigkeit.
Rz. 239
Nicht eheprägend sind diejenigen Teile eines gehobenen Einkommens, die zur Vermögensbildung verwendet werden, da sie für Unterhaltszwecke nicht zur Verfügung stehen.
Rz. 240
Auch ehebedingte Verbindlichkeiten – d.h. solche, die bis zur Trennung einvernehmlich bestanden haben – prägen die ehelichen Lebensverhältnisse und sind daher bereits beim Maß des Unterhalts abzuziehen, ni...