Rz. 408
Nach der Rspr. des BGH ist eine befürchtete Entwertung der Ehevertragsfreiheit ausgeblieben. Eheverträge bleiben weiterhin möglich, grds. sinnvoll und mitunter sogar notwendig. Was bereits abgeschlossene Eheverträge anbelangt, so muss nach den Kriterien des BGH eine Sittenwidrigkeit nur in einigen Fällen insb. der Imparität befürchtet werden. Der BGH hat mit seinen verschiedenen Urteilen einen Leitfaden zur Gestaltung von Eheverträgen entwickelt.
Da der BGH ein weites Feld der Ausübungskontrolle eröffnet, führt dies allerdings dazu, dass nahezu jeder Ehevertrag mit der Behauptung, er enthalte evidente Belastungsunterschiede, einer richterlichen Prüfung unterzogen wird. Die Folgen für die Praxis von Eheverträgen werden nachfolgend dargestellt:
a) Beurkundungsverfahren
Rz. 409
Im Hinblick auf die Parität der Ehegatten kann die notarielle Beurkundung Schutzwirkung entfalten. Die Umstände der notariellen Beurkundung sind insoweit i.R.d. Gesamtabwägung zu berücksichtigen. Das erfordert zugleich, dass die notarielle Beurkundung von Eheverträgen einen gewissen Verfahrensstandard einhält, damit die Herstellung der Parität zwischen den Ehegatten jedenfalls in Bezug auf Beurkundungsverfahren gelingt.
aa) Vertragsvorlauf
Rz. 410
Ratsam ist es, beide Vertragsteile rechtzeitig in die Vertragsgestaltung einzubinden und mit ihnen eine Vorbesprechung über den beabsichtigten Inhalt des Ehevertrages und seine Konsequenzen zu führen. Aus dieser Vorbesprechung muss ein Vertragsentwurf resultieren, den die Vertragsteile rechtzeitig vor Beurkundung erhalten müssen.
Eine eigene anwaltliche Beratung allein im Interesse des verzichtenden Mandanten kann erheblich zur Herstellung der Parität beitragen; dies insb. dann, wenn auf der Seite des begünstigten Ehegatten eigene Anwälte oder Unternehmensjuristen bereits tätig geworden sind.
Im Fall des vorsorgenden Ehevertrages sollte zwischen dem Vertragsabschluss und dem Hochzeitstermin noch ausreichend Zeit liegen. Wenn dies nicht mehr möglich ist, weil die Parteien zu spät zur Beratung kommen, kann auf das gesteigerte Risiko hingewiesen werden. Kritisch sind insb. Fälle, in denen ein Partner erst unmittelbar vor der Hochzeit mit einem bereits vorbereiteten Ehevertrag konfrontiert wird. Der BGH geht allerdings auf einen Vertragsabschluss nur einen Tag vor der Hochzeit gar nicht ein. Daraus dürfte zu schließen sein, dass allein der Vertragsschluss unmittelbar vor der Hochzeit noch keine Zwangslage begründet.
bb) Übersetzung
Rz. 411
Sofern einer der Beteiligten der deutschen Vertragssprache nicht hinreichend mächtig ist, sollte unbedingt ein Dolmetscher herangezogen werden, und zwar zur Vorbesprechung, zur Übersetzung des Vertragsentwurfes und auch zur Beurkundung. Vorsorglich sollte stets eine schriftliche Übersetzung angefertigt werden, auch wenn § 16 Abs. 2 BeurkG dies nicht zwingend vorschreibt. Der Einwand, dass der fremdsprachige Ehegatte Verständnisprobleme gehabt habe, kann häufig sonst nicht widerlegt werden. Die Übersetzung sollte von einem öffentlich vereidigten Übersetzer durchgeführt werden, damit gewährleistet ist, dass die Fachsprache ausreichend berücksichtigt wurde.
cc) Persönliche Anwesenheit
Rz. 412
Damit eine unterlegene Verhandlungsposition schon von der formalen Seite her nicht gegeben ist, sollte von der nach § 167 Abs. 2 BGB möglichen Gestaltung eines Vertragsabschlusses aufgrund formloser Vollmacht durch den anderen Vertragsteil kein Gebrauch mehr gemacht, sondern grds. auf der persönlichen Anwesenheit beider Vertragsteile bestanden werden.
dd) Dokumentation
Rz. 413
Die notarielle Urkunde sollte dieses Verfahren auch dokumentieren. Empfehlenswert ist es also, den Entwurfsversand und die Besprechungen ebenso in der Urkunde festzuhalten wie die anwaltliche Vertretung. Zudem sollten die Nebenakten nach § 5 Abs. 4 DONot mit einem Vermerk über eine längere Aufbewahrungsfrist versehen werden.
Dokumentieren sollten die Notare auch die zur Urkunde gegebenen Erläuterungen und Belehrungen dur...