Rz. 265
Der Unterhaltspflichtige ist grds. unterhaltspflichtig, sofern beim Berechtigten die entsprechende Bedürftigkeit festgestellt wurde. Er kann allerdings nach § 1581 BGB einwenden, dass er nicht leistungsfähig sei. Die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten beschränkt daher den Unterhalt nach oben.
Rz. 266
Nach § 1581 BGB sind bei der Frage, ob der Verpflichtete leistungsfähig ist, drei Komponenten zu berücksichtigen:
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die Erwerbs- und Vermögensverhältnisse, |
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die sonstigen Verpflichtungen und |
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der eigene angemessene Unterhalt. |
a) Reales Einkommen
Rz. 267
Bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit sind sämtliche erzielten Einkünfte des Verpflichteten zu berücksichtigen, auch solche, die nicht eheprägend waren, oder solche, die auf überobligatorischer Erwerbstätigkeit beruhen. Bei überobligatorischer Erwerbstätigkeit erfolgt allerdings entsprechend § 1577 Abs. 2 Satz 2 BGB eine Abwägung nach Treu und Glauben unter Billigkeitsgesichtspunkten nach den Umständen des Einzelfalls.
Rz. 268
Das maßgebliche Einkommen des Verpflichteten bestimmt sich nach den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen abzgl. seiner sonstigen Verpflichtungen. Bei den Erwerbsverhältnissen ist das bereinigte Nettoeinkommen maßgeblich, so dass insb. Steuern und Sozialabgaben, aber auch berufsbedingte Aufwendungen in Abzug gebracht werden können. Der Steuervorteil aus einer Wiederverheiratung (Splittingvorteil) ist im Verhältnis zu dem geschiedenen Ehegatten grds. kein unterhaltspflichtiges Einkommen, da ein solcher Steuervorteil ausschließlich der neuen Ehe eingeräumt wird und nicht dem geschiedenen Ehegatten zugutekommen soll. Es ist daher ein fiktives Einkommen so zu bilden, als wäre der Unterhaltspflichtige nach Steuerklasse I zu veranlagen. Ggf. ist ein Realsplitting zu berücksichtigen. Damit ergeben sich z.T. erheblich niedrigere Unterhaltsbeträge für den geschiedenen Ehegatten.
Wird der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten aber wegen eines hinzugekommenen weiteren Unterhaltsberechtigten (neuer Ehegatte) – auf der Leistungsebene – i.R.d. Billigkeitsabwägung gem. § 1581 BGB nach der sog. Dreiteilungsmethode berechnet, ist der Splittingvorteil als unterhaltsrechtliches Einkommen zu erachten, weil in diesem Fall das gesamte unterhaltsrelevante Einkommen aller Beteiligten einzubeziehen ist.
b) Erwerbsobliegenheit und fiktives Einkommen
Rz. 269
Da beim Unterhaltsverpflichteten eine Vorschrift wie § 1579 Nr. 3 BGB für den Bedürftigen fehlt, ist grds. eine Leistungsunfähigkeit selbst dann zu beachten, wenn der Verpflichtete sie herbeigeführt hat. Allerdings ist dem Verpflichteten die Berufung auf die Leistungsunfähigkeit gem. § 242 BGB zu versagen, wenn er sie – bei einer wertenden Gesamtbetrachtung – verantwortungslos, mindestens aber leichtfertig herbeigeführt hat. In solchen Fällen ist dem Verpflichteten die Berufung auf die Leistungsunfähigkeit verwehrt und er muss sich hypothetische Einkünfte zurechnen lassen. Hierunter kann es insb. fallen, wenn der Verpflichtete ohne wichtigen Grund seine Arbeitsstelle aufgibt bzw. seine Arbeitskraft nicht so gut wie möglich einsetzt.
Wird der Verpflichtete unverschuldet arbeitslos, so verlangt die Rspr. von ihm unter sehr hohen Anforderungen den Nachweis der Arbeitsplatzsuche, ansonsten bestehen Anknüpfungspunkte für eine Einkommensfiktion. Danach genügt die Meldung bei der Bundesagentur für Arbeit nicht, vielmehr hat der Verpflichtete sich durch eigene Bewerbungen um eine neue Arbeitsstelle zu bemühen.
Hinweis
Auch die selbstverschuldete Leistungsunfähigkeit ist – außer bei verantwortungslosem, mindestens leichtfertigem Handeln – zu beachten.
Rz. 270
Eine nach Erreichen der Regelaltersgrenze ausgeübte Erwerbstätigkeit ist i.d.R. überobligatorisch. In welchem Umfang eine Anrechnung erfolgt, ist nach Treu und Glauben unter Billigkeitsgesichtspunkten nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen, wobei das Alter, die körperliche und geistige Belastung, die ursprüngliche Lebensplanung, die Höhe der Altersvorsorge und das Ergebnis des Versorgungs- und Zugewinnausgleichs als Kriterien zu berücksichtigen sind.
Rz. 271
Eine trotz Erkrankung ausgeübte Erwerbstätigkeit kann ebenfalls überobligatorisch sein, so dass daraus erzielte Einkünfte daher nicht oder nur teilweise anzurechnen sind.
Rz. 272
Nach der sog. "Hausmann-Rspr." des BGH kann ein Unterhaltspflichtiger, der in der geschiedenen Ehe die Familie durch Erwerbstätigkeit erhalten hat, nicht in der neuen Ehe die Rolle des die Familie Betreuenden einnehmen, sondern muss die Erwerbstätigkeit mit Rücksicht auf den Unterhalt der geschiedenen Familie beibehalten. Eine Ausnahme gilt nur, wenn in der neuen Ehe der Unterhalt w...