Rz. 18
Von dem Grundsatz, dass jeder Ehegatte sein Vermögen allein verwaltet, macht das Gesetz zwei Ausnahmen, und zwar bei den Verfügungen über Haushaltsgegenstände (§ 1369 BGB) und bei den Gesamtvermögensgeschäften (§ 1365 BGB). Gem. § 1365 BGB kann sich ein Ehegatte nur mit Einwilligung des anderen Ehegatten verpflichten, über sein Vermögen im Ganzen zu verfügen. Hat er sich ohne Zustimmung verpflichtet, kann er die Verpflichtung nur wirksam erfüllen, wenn der andere Ehegatte einwilligt.
Mit dieser Einschränkung will der Gesetzgeber die wirtschaftliche Grundlage der Familie ebenso schützen wie die Anwartschaft des anderen Ehegatten auf Zugewinnausgleich (güterstandsspezifische Regelung). Dieser Schutz wird mit § 1365 BGB durch ein absolutes Veräußerungsverbot verwirklicht. Demnach ist ein gutgläubiger Erwerb ausgeschlossen.
Rz. 19
Nach der Rspr. greift die Vorschrift bereits dann ein, wenn sich ein Ehegatte zu einer Verfügung über im Wesentlichen das ganze Vermögen verpflichtet. Die Voraussetzungen des § 1365 BGB liegen damit dann nicht mehr vor, wenn dem verfügenden Ehegatten noch 15 % seines Gesamtvermögens verbleiben. Bei größeren Vermögen sind Rechtsgeschäfte zustimmungsfrei, wenn der verfügende Ehegatte ein Restvermögen von 10 % zurückbehält. Ein größeres Vermögen wird überwiegend ab einer Höhe von 250.000,00 EUR angenommen. Zu dem Vermögen zählen auch unpfändbare Vermögensgegenstände, nicht jedoch laufendes Einkommen oder künftige Renten- oder Versorgungsberechtigungen.
Rz. 20
Nach nahezu einhelliger Auffassung greift die Verfügungsbeschränkung des § 1365 BGB auch dann ein, wenn nur über einen Einzelgegenstand verfügt wird und dieser im Wesentlichen das gesamte Vermögen darstellt. Allerdings verlangt die vorherrschende subjektive Theorie, dass der Vertragspartner des sich zur Verfügung verpflichtenden Ehegatten zum Zeitpunkt des Verpflichtungsgeschäftes zumindest die Umstände kennt, aus denen sich ergibt, dass es sich bei dem Einzelgegenstand um das wesentliche Vermögen handelt.
Hinweis
Auch die Verfügung über einen Einzelgegenstand kann nach § 1365 BGB unwirksam sein.
Dieses Erfassen einzelner Gegenstände macht die Vorschrift des § 1365 BGB für den Rechtsverkehr so problematisch. Im Bereich des Gesellschaftsrechts unterfallen wichtige Bereiche den Beschränkungen des § 1365 BGB. Zum einen handelt es sich hierbei um Grundstücksverfügungen des Gesellschafters zur Gesellschaft hin, insb. in Gestalt der Einbringung etwa in Kapital- oder Personengesellschaften, aber auch mitunter der Bestellung von Grundpfandrechten.
Zum anderen gilt das Zustimmungserfordernis für den Abschluss von Gesellschaftsverträgen und die Veräußerung eines Gesellschaftsanteils. Die Änderung von Gesellschaftsverträgen ist dann zustimmungspflichtig, wenn sie sofort (z.B. Änderung der Beteiligungsverhältnisse) oder im späteren Vollzug (z.B. Verzicht auf Abfindung) zur Preisgabe des nahezu gesamten Vermögens führt oder führen kann. Dies ist auch in Umwandlungsfällen zu bejahen. Insgesamt ist im Gesellschaftsrecht bei Geltung des § 1365 BGB große Vorsicht geboten und im Zweifel vorsorglich vorab eine Zustimmung einzuholen, zumal die Grenzen kaum durch Rspr. ausgelotet sind.
Rz. 21
Der Tatbestand des § 1365 BGB ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Verfügung gegen Entgelt erfolgt, denn das Gesetz stellt auf die Verfügung als solche, nicht auf eine wirtschaftliche Einbuße ab.
Das Eingehen von Zahlungspflichten (z.B. infolge eines Kaufs), Bürgschaften oder Schuldübernahmen fällt nicht unter § 1365 BGB, selbst wenn sie das gesamte Vermögen erfassen. Gleiches gilt für eine Zwangsvollstreckungsunterwerfung.
Rz. 22
Rechtsfolge fehlender Zustimmung ist nach § 1366 BGB eine schwebende Unwirksamkeit bei Verträgen, und zwar sowohl des Verpflichtungs- als auch des Verfügungsgeschäftes, sowie nach § 1367 BGB die Unwirksamkeit bei einseitigen Rechtsgeschäften. Die fehlende Zustimmung kann nach § 1365 Abs. 2 BGB durch das FamG ersetzt werden, wenn das Rechtsgeschäft den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht und der Ehegatte die Zustimmung ohne ausreichenden Grund verweigert oder durch Krankheit oder Abwesenheit an der Abgabe einer Erklärung verhindert und mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist. Der nicht zustimmende Ehegatte kann die Rechte aus der Unwirksamkeit der Verfügung nach § 1368 BGB direkt dem Dritten gegenüber geltend machen.
Rz. 23
§ 1365 BGB ist durch Ehevertrag abdingbar, der der Formvorschrift des § 1410 BGB unterliegt. Ehevertraglich können die §§ 1365 ff. BGB insgesamt oder nur für einzelne Vermögensgegenstände oder auch zeitlich begrenzt ausgeschlossen werden. Insb. im Gesellschaftsrecht ist ein solches Vorgehen angesichts der Unsicherheit bzgl. des Vorliegens der Voraussetzungen des § 1365 BGB einerseits und der einschneidenden Rechtswirkungen bei einem Verstoß andererseits empfehlenswert und gebräuchlich. Daher verlangen die Gesellschaftsverträge vermög...