Rz. 456

Zunächst besteht die Schwierigkeit für den Vertragsgestalter bereits bei der Bezeichnung des vom Zugewinn ausgenommenen Vermögens. Der konkrete Gewerbebetrieb oder die konkrete Praxis sollte im Vertrag benannt werden. Dies reicht jedoch nicht aus. Denn jedenfalls an folgende Entwicklungen im "Unternehmensleben" muss gedacht werden:

Der Unternehmer nimmt weitere Teilhaber auf und aus dem Einzelunternehmen wird eine Personengesellschaft.
Die bestehende Unternehmensform ist steuerlich nicht mehr interessant und das Unternehmen muss umgewandelt werden.
Das Unternehmen wächst und wird durch Gründung von Tochtergesellschaften etc. zu einer Unternehmensgruppe.
Das Unternehmen schließt sich mit anderen Unternehmen zusammen.
Der Unternehmer nutzt die steuerlichen Möglichkeiten einer Betriebsaufspaltung und gliedert Vermögen aus dem bezeichneten Unternehmen aus.
Der Unternehmer hat Sonderbetriebsvermögen, welches er einer Personengesellschaft überlässt (dieses wird damit zum Betriebsvermögen, EStR 4.2), oder Vermögen, das einer von ihm beherrschten Kapitalgesellschaft langfristig überlassen, dadurch aber steuerlich nicht Betriebsvermögen wird.[1023]
 

Rz. 457

Um all diese möglichen Gegebenheiten zu berücksichtigen, ist es empfehlenswert, nicht einfach den zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehenden Gewerbebetrieb oder die Praxis zu bezeichnen, sondern festzuhalten, dass die Regelung auch erweiternd in den o.g. Fällen oder für sonstige denkbare Änderungen gilt.

 

Hinweis

Bei der Definition des vom Zugewinn ausgenommenen Betriebsvermögens müssen auch etwaige Änderungen der Rechtsform aus steuerlichen oder gesellschaftsrechtlichen Gründen mitbedacht werden.

Nicht zuletzt aus diesem Grunde findet man häufig die Formulierung, der Ausschluss vom Zugewinn gelte für "jegliches Betriebsvermögen".[1024] Damit verweist der Vertragsgestalter auf die steuerliche Begrifflichkeit für die betrieblichen Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 Nr. 1–3 EStG, denn das Zivilrecht kennt keinen Begriff des Betriebsvermögens in diesem Sinne. Auch die Begrifflichkeit des "Unternehmers" i.S.d. § 14 BGB hilft nicht weiter, denn dieser Begriff ist in erster Linie mit Rücksicht auf das Verbraucherschutzrecht zu verstehen.

 

Rz. 458

Auch für das Steuerrecht ist dieser Begriff aber erstens mit einigen definitorischen Unsicherheiten behaftet, zweitens sind die Grenzen verschiebbar und drittens ist die steuerliche Attraktivität des Betriebsvermögens wandelbar.

Das Steuerrecht verwendet den Begriff des Betriebsvermögens ganz unterschiedlich i.R.d. Gewinneinkunftsarten, im Bewertungsgesetz und im Erbschaftsteuerrecht.[1025] Selbst wenn die Vertragsgestaltung per Definition auf die Gewinneinkunftsarten abstellt, so wird anhand der Erläuterungen etwa in den Einkommensteuer-Richtlinien und deren amtlichen Hinweisen[1026] deutlich, dass auch damit noch keine völlig treffsichere Definition gefunden ist. Es seien nur kurz drei Punkte angeschnitten:

Anteile an Kapitalgesellschaften befinden sich sehr häufig im steuerlichen Privatvermögen, vom Ausschluss des Zugewinnausgleichs sollen sie aber jedenfalls erfasst sein, sofern sie nicht ausschließlich der Kapitalanlage dienen.[1027]
Einzelne Gebäude lassen sich steuerlich je nach Nutzung in verschiedene Wirtschaftsgüter zerlegen.[1028] Wie soll das Gebäude aber nun im Zugewinn betrachtet werden?
Bisher privates Grundstücksvermögen kann durch Grundstücksverkäufe über die Drei-Objekt-Grenze hinaus plötzlich in einen gewerblichen Grundstückshandel mutieren mit der Folge, dass alle zur Veräußerung bestimmten Objekte Betriebsvermögen sind. Dies kann sogar für vorübergehend eigenbewohnte Immobilien gelten.[1029]

Das Steuerrecht unterscheidet bei seiner Betriebsvermögensdefinition drei Vermögensmassen: das notwendige Betriebsvermögen, das notwendige Privatvermögen und – sowohl bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich als auch bei der Gewinnermittlung durch Einnahmenüberschussrechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG[1030] – das gewillkürte Betriebsvermögen.

Während zum notwendigen Betriebsvermögen die ausschließlich und unmittelbar für eigenbetriebliche Zwecke genutzten Wirtschaftsgüter zählen, können Wirtschaftsgüter, die lediglich in einem gewissen objektiven Zusammenhang mit dem Betrieb stehen und ihn zu fördern bestimmt und geeignet sind, sog. gewillkürtes Betriebsvermögen sein. Die Einkommensteuer-Richtlinien (EStR 4.2. Abs. 1) grenzen wie folgt ab:

betriebliche Nutzung unter 10 % – notwendiges Privatvermögen,
betriebliche Nutzung über 50 % – notwendiges Betriebsvermögen,
betriebliche Nutzung 10 % – 50 % – kann gewillkürtes Betriebsvermögen sein.
Die Bezeichnung "Betriebsvermögen" umfasst somit auch das gewillkürte Betriebsvermögen.
Schließlich ist es für den Steuerpflichtigen je nach Gesetzeslage ggf. sogar attraktiv, Betriebsvermögen zu halten, so dass sich in der Praxis ein Trend hin zum Betriebsvermögen feststellen lässt. Dies geschah etwa deutlich nach Einführung des § 13a ErbStG. Die P...

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