Rz. 72
Die zentrale (betriebswirtschaftliche) Bewertungsmethode ist die Ertragswertmethode. Sie ermittelt den künftigen Ertrag eines Unternehmens. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass sich der Wert des Unternehmens danach richtet, was ein Dritter am Markt für ein Unternehmen zahlen würde. Demnach ist der Ertrag des Unternehmens entscheidend für seinen Wert. Die höchstrichterliche Rspr. hat diese Methode zur Unternehmensbewertung zunächst nur gebilligt, sieht die (modifizierte) Ertragswertmethode aber inzwischen bei der Bewertung einer Freiberuflerpraxis und eines inhabergeführten Unternehmens als vorzugswürdig an und erachtet sie sogar als "im Regelfall geeignet", um zur Bemessungsgrundlage für den Wert einer Unternehmensbeteiligung zu gelangen. Der Substanzwert ist kein eigenständiger Rechenposten mehr, sondern ihm kommt nur insofern Bedeutung zu, als die gegenständliche Ausstattung eines Unternehmens für die Prognose künftiger Ertragserzielung relevant ist. In der berufsständischen Bewertungspraxis genießt das Ertragswertverfahren ebenfalls breite Anerkennung.
aa) Zukunftserfolgswert
Rz. 73
Unter dem Ertragswert versteht man die Summe aller zukünftigen Erträge des fortgeführten Unternehmens, vermehrt um den Veräußerungswert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens zu Einzelveräußerungspreisen. Unterste Grenze des Unternehmenswertes ist der Liquidationswert.
Die zukünftigen Erträge werden auf den Bewertungsstichtag abgezinst (kapitalisiert), um zu einem Barwert des Unternehmens am Bewertungsstichtag zu gelangen.
Rz. 74
Sofern die künftige Ertragsperiode unbefristet ist, geschieht die Kapitalisierung der zukünftigen Erträge nach der Formel für die immerwährende Rente.
Der maßgebliche Abzinsungsfaktor wird als Kapitalisierungszinssatz bezeichnet. Er setzt sich zusammen aus dem Basiszinssatz, der sich üblicherweise nach der durchschnittlichen Effektivverzinsung inländischer öffentlicher Anleihen bemisst, und verschiedenen Zuschlägen (die den Barwert vermindern) und Abschlägen (die den Barwert erhöhen). Erörtert wird insb. ein Unternehmensrisikozuschlag, der zum Ausdruck bringt, dass die Anlage in Unternehmenswerte immer risikoreicher ist als diejenige in öffentlichen Anleihen. Er kann entfallen, wenn der Sachverständige bereits durch eine vorsichtige Bewertung die unternehmerischen Risiken berücksichtigt hat.
Z.T. wird auch der Ansatz eines Immobilitätszuschlags gefordert, weil das Unternehmen nicht in gleicher Weise schnell in Liquidität verwandelt werden kann wie andere Geldanlagen. Allgemein hat sich ein solcher Zuschlag jedoch noch nicht durchgesetzt. Sofern die Gewinne aus dem Unternehmen die laufende Geldentwertung auffangen können (etwa durch Weitergabe in Form von Preiserhöhungen an Kunden), haben sie der reinen Kapitalanlage etwas voraus, was durch den Geldentwertungsabschlag vom Kapitalisierungszinssatz berücksichtigt wird. Die Höhe dieses Geldentwertungsabschlages wird in der Praxis oft mit einem Prozentsatz von 1–3 % festgesetzt.
Die Wirkungsweise der Zu- und Abschläge sowie die Berechnung des Barwertes werden nachfolgend dargestellt.
Beispiel
Der durchschnittliche Jahresgewinn ist 40.000,00 EUR. Der Basiszins beträgt 8 %. Damit errechnet sich der Barwert wie folgt:
Barwert = Durchschnittsgewinn/Kapitalisierungszinsfuß (%).
Dies ergibt: 40.000,00 EUR: 8/100 = 500.000,00 EUR. Der Barwert beträgt also 500.000,00 EUR.
Ist ein Risikozuschlag von 2 % hinzuzurechnen, ergibt sich: 40.000,00 EUR: 10/100 = 400.000,00 EUR. Ein Zuschlag vermindert also den Barwert.
Soll noch ein Geldentwertungsabschlag von 2,5 % gemacht werden, so ist zu berechnen: 40.000,00 EUR: 7,5/100 ergibt einen Barwert von 533.333,33 EUR. Der Abschlag erhöht also den Barwert.
Rz. 75
Neben dem Ertragswert kann nicht noch gesondert ein "good will" berechnet werden, da dieser im Ertragswert bereits enthalten ist.