Rz. 389
Auf erster Stufe steht der Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB. Er ist schon durch das betroffene Kindesinteresse nicht frei disponibel. Allerdings ist er auch nicht zwingend und jeder Disposition entzogen. Der BGH nennt als Beispiel ein von den Ehegatten abweichend vereinbartes Betreuungsmodell. Damit manifestieren sich bereits seit längerer Zeit gegebene Hinweise zur Vorsicht bei Abbedingung des Betreuungsunterhalts.
Rz. 390
Fraglich ist, wie die Tatbestände des Kindesbetreuungsunterhalts in § 1570 BGB in diese Kernbereichslehre einzuordnen sind. Der dreijährige Basisunterhaltsanspruch ist der ersten Stufe des Kernbereiches zuzurechnen. Er ist für den Gesetzgeber quasi das Minimum im Bereich des Kindesbetreuungsunterhalts. I.R.d. Vertragsgestaltung sollte dieser Basisunterhaltsanspruch unangetastet bleiben, zumal sich die Zeit bis zum dritten Lebensjahr des Kindes ohnehin oft mit der Trennungszeit überschneidet, in der auf Unterhalt nicht verzichtet werden kann. Wem die von der Rspr. entwickelte Grenze einer konkreten Unterhaltsberechnung nicht genügt, der könnte allenfalls eine auskömmliche und großzügige Höchstgrenze vereinbaren, die jedenfalls bei gehobenen Einkommensverhältnissen zulässig sein dürfte.
Hinweis
Es bleibt der Ratschlag des "Weniger ist mehr", d.h. trotz dieser Aussage des BGH sollte eine Unterhaltshöchstgrenze erst bei sehr hohem Einkommen insb. in der Diskrepanzehe vereinbart werden und nicht schon bei beiderseits mittlerem, aber geringfügig unterschiedlichem Einkommen.
Eine vertragliche Beschränkung auf den notwendigen Unterhalt oder gar ein vollständiger Verzicht dürfte jedoch – abgesehen von den Fällen des § 1579 BGB – nicht zulässig sein. Etwas anderes gilt jedoch im Fall einer Heirat in fortgeschrittenem Alter mit ausgeschlossenem Kinderwunsch und grundlegender Altersversorgung. In einem solchen Fall hat der BGH bei einem Verzicht auf Zugewinn, Versorgungsausgleich und Unterhalt gegen Zahlung einer Unterhaltsabfindung und der Entrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Altersversorgung entschieden, dass auch auf Kindesbetreuungsunterhalt sowie auf Unterhalt wegen Alters und Krankheit verzichtet werden könne, wenn keine Kinder erwartet würden. Wichtig war dem BGH in dem entschiedenen Fall, dass der Ehemann aufgrund der vereinbarten Unterhaltsabfindung seine nacheheliche Verantwortung nicht schlechthin abbedungen hat. Außerdem verneint der BGH das Vorliegen einer Zwangslage. Wenn später jedoch Kinder geboren werden und ein Vertragsteil seinen Beruf aufgibt, dürften ggf. Anpassungen im Wege der Ausübungskontrolle erforderlich werden.
Hinweis
In bestimmten Ehekonstellationen kann auch auf Kindesbetreuungsunterhalt verzichtet werden. Ein Ehepartner sollte jedoch seine nacheheliche Verantwortung nicht schlechthin abbedingen.
Eine zeitliche Begrenzung hingegen dürfte grds. zulässig sein; Grenze dafür dürfte das Kindeswohl bilden. Was die anschließende Verlängerung aus kindbezogenen Gründen anbelangt, so wird man konstatieren müssen, dass der Gesetzgeber den Kindesbetreuungsunterhalt nach § 1570 BGB selbst sehr stark relativiert und nur den Basisunterhalt als feste Bastion nicht geschliffen hat.
Diese Relativierung wird durch die fest bestimmte und kurze Frist des Basisunterhaltes deutlich. Gleichwohl sind bei § 1570 Abs. 1 Satz 2 BGB Kindesinteressen betroffen, so dass diesbezüglich noch von einer Schutzwirkung auch zugunsten der Kinder ausgegangen werden muss. Es bleibt spannend, wie der BGH das bei einer Neujustierung seiner Kernbereichsleiter wertet. Bis dahin sollten nur mit Vorsicht abweichende Vereinbarungen getroffen werden, weil damit zu rechnen ist, dass bei Vorliegen von kindbezogenen Verlängerungsgründen im Einzelfall möglicherweise auch hier noch die erste Stufe des Kernbereichs anzunehmen ist.
Die Ehegatten können jedoch vertraglich Vorkehrungen treffen, um das Eingreifen dieses Unterhaltsanspruchs schon von der Tatbestandsseite her auszuschließen, indem etwa für eine Fremdbetreuung des Kindes Sorge getragen und deren Finanzierung geregelt wird. Wenn jedoch später aus Gründen des Kindeswohls eine Eigenbetreuung erforderlich wird, weil etwa das Kind besondere schulische Schwierigkeiten hat oder die Trennung nicht verkraftet, dann dürfte auch dies nichts helfen.
Der ehebezogene Betreuungsunterhalt nach § 1570 Abs. 2 BGB dient nicht mehr dem Schutz des Kindes, er sollte daher eine Stufe tiefer im Kernbereich angesiedelt und durch die Ehegatten freier gestaltbar sein. Insb. sollte es den Ehegatten möglich sein, die Billigkeit nach dieser Vorschrift anhand ihres Lebensplanes zu definieren. Etwaige ehebedingte Nachteile müssen berücksichtigt werden. Hierzu kann etwa die Vereinbarung einer Übergangsfrist gehören, deren Länge von der Dauer der Ehe oder dem Lebensalter des Ehegatten abhängig ist. Dies kann – entsprechend dem Gedanken des § 1578b BGB – kombiniert sein mit einer langsam abschmelzenden Unterhaltshöhe.