Rz. 314
Im Regelfall kommt es nicht auf tatsächlich aus dem Betrieb entnommene Gelder an – also weder auf verschwenderische noch auf vorsichtige Entnahmen –, sondern auf das verteilungsfähige und damit für den Konsum zur Verfügung stehende Einkommen. Entnahmen können nur als Indiz für die Höhe des effektiv zur Verfügung stehenden Einkommens angesehen werden. Dennoch wird die Bedeutung der Entnahmen für die Unterhaltsbemessung viel diskutiert. Einige Unterhaltsleitlinien äußern sich dahin, dass ausnahmsweise anstelle des Gewinns die Entnahmen (abzgl. der Einlagen) maßgeblich seien, wenn entweder eine zuverlässige Gewinnermittlung nicht möglich oder der Betriebsinhaber unterhaltsrechtlich zur Vermögensverwertung verpflichtet sei.
Rz. 315
Der BGH hat die Frage der Privatentnahmen als Kriterium der Gewinnermittlung bislang nicht entschieden. Einige Instanzgerichte haben sich mit der unterhaltsrechtlichen Bedeutung der Entnahmen befasst. So will das OLG Dresden Entnahmen nicht als Einkommen i.S.d. Unterhaltsrechts ansehen, sondern allenfalls als Anhaltspunkt. Entnahmen, die den Gewinn übersteigen, sollen jedenfalls für den rückständigen Unterhalt maßgeblich sein. Nach Auffassung des OLG Frankfurt am Main kann ein tatsächlich effektiv höherer Lebensstil nicht unbeachtet bleiben. Die Unterhaltsbemessung nach den tatsächlichen Entnahmen sei eine Hilfsmethode, wenn die Gewinnsituation auf absehbare Zeit nicht ermittelt werden könne oder die vorgelegten Unterlagen untauglich seien. Das OLG Hamm will eine Berücksichtigung der Entnahmen dann zulassen, wenn der Verpflichtete sein Einkommen nicht ausreichend darlegt. Eingehend hat sich das OLG Düsseldorf mit der Bedeutung der Entnahmen befasst. Nach Meinung des Gerichts richtet sich die Lebensstellung nach den Entnahmen, wenn diese größer sind als der Gewinn, und zwar in diesen Fällen ohne zusätzlichen Abzug berufsbedingter Aufwendungen. Dies soll allerdings dann nicht gelten, wenn die Entnahmen aus einem verschuldeten Unternehmen erfolgen oder zur Verschuldung des Unternehmens führen.
Rz. 316
Die Literatur sieht ebenso bei Entnahmen, die höher sind als der Gewinn, zumindest eine Nachweispflicht des Unterhaltspflichtigen bei Behauptung geringerer Leistungsfähigkeit. Insoweit werden die Entnahmen als bloßer Anhaltspunkt herangezogen. Allerdings wird eingewendet, dass die Entnahmen eine Vermögensverwertung darstellten. Daher dürfe auf die Entnahmen nur abgestellt werden, sofern auch eine Vermögensverwertungspflicht bestehe, oder höchstens noch dann, wenn der Unterhaltspflichtige seiner Darlegungslast nicht genüge. Gewarnt wird ferner vor Überschneidungsproblemen mit dem Zugewinn.