Rz. 459

Die Herausnahme des Unternehmens aus dem Zugewinn führt zu zwei Vermögensmassen als Rechnungsgrundlage für den Zugewinn. Allerdings erlaubt das Steuerrecht die Überführung von Vermögensgütern von der einen Vermögensmasse ("Privatvermögen") in die andere Vermögensmasse ("Betriebsvermögen") in weitem Umfang. Dies kann etwa durch die Bildung von gewillkürtem Betriebsvermögen erfolgen, aber auch durch Entnahmen oder Einlagen. Auch ohne ehegüterrechtliche Gründe muss ein Unternehmer mitunter Privatvermögen wieder in den Betrieb reinvestieren. Sofern betriebliche oder steuerliche Gründe für die Verschiebung sprechen, dürfte eine Benachteiligung i.S.d. § 1375 Abs. 2 BGB ausscheiden. Alternativ kann der Unternehmer auch Gewinne im Unternehmen belassen und so ein hohes Verrechnungskonto aufbauen. Der Fantasie im Hinblick auf Gestaltungen zur Erzeugung von Betriebsvermögen sind kaum Grenzen gesetzt.

 

Rz. 460

Die Bezeichnung als "Zweikontenmodell für den Scheidungsfall"[1031] hat also durchaus ihre Berechtigung.

Es gibt verschiedene Ansätze, solchen Manipulationsgefahren zu begegnen, ohne dass diese die beschriebenen Konflikte vollständig lösen könnten. So kann zum einen ehevertraglich vereinbart werden, dass der Stichtag, zu dem die Abgrenzung Privat- und Betriebsvermögen betrachtet wird, nicht die Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages ist, sondern bereits die Trennung. Zum anderen kann für Transfers vom Privatvermögen in das Betriebsvermögen angeordnet werden, dass solche Transfers, die in den letzten beiden Jahren vor Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages erfolgt sind, dem ausgleichungspflichtigen Endvermögen des Unternehmers wieder hinzugerechnet werden.

Die vorgeschlagene Frist[1032] wurde deshalb gewählt, um Verschiebungen in einer Ehekrise zu erfassen, die vor der Trennung erfolgt sind. Der Zeitpunkt der Trennung selbst liegt regelmäßig längere Zeit vor Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages. Sicherlich erfasst eine solche Klausel dann auch die betriebsnotwendigen Transfers und führt damit ein weiteres Element ein, das ggf. zu Ungerechtigkeiten führen kann, verhindert aber immerhin kurzfristige Manipulationen.

 

Rz. 461

Überlegenswert scheint auch, ob dann, wenn die Entnahmen in das Privatvermögen unter einem kalkulatorischen Unternehmerlohn liegen, die Differenz als fiktiv entnommen dem privaten Endvermögen hinzugerechnet werden könnte und insoweit ggf. auch Rücktransfers nicht anerkannt werden.

 

Hinweis

Durch Transfers vom Privat- in das Betriebsvermögen ergeben sich einige Möglichkeiten zur Erhöhung des ausgleichsfreien Vermögens zulasten des ausgleichspflichtigen Vermögens.

[1031] N. Mayer, DStR 1993, 991, 993; vgl. zum Zweikontenmodell allgemein auch BGH, NJW-RR 2015, 1473.
[1032] In Anlehnung an § 91 Abs. 1 Österr. EheG für Hinzurechnungstatbestände zum Endvermögen.

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