Rz. 235
Bei der Berechnung des Unterhaltsbedarfs – anders bei der Leistungsfähigkeit – kommt nur Einkommen in Betracht, das die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt hat. Als solches ist im Grundsatz das bis zur Ehescheidung nachhaltig erzielte Einkommen anzusehen.
Rz. 236
Nach der Rspr. des BGH ist Einkommen aus überobligatorischer (unzumutbarer) Tätigkeit nur in Höhe des unterhaltsrelevanten Anteils zu berücksichtigen.
Rz. 237
Prägend sind auch Kapital- oder Vermögenserträge, wenn die Ehegatten über sie tatsächlich verfügen konnten und sie in die Bestreitung des ehelichen Lebensbedarfs geflossen sind. Unerheblich ist die Herkunft des Vermögens. Somit sind auch Erträge aus unternehmerischem Vermögen, welches aus der Familie übertragen wurde, in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen, wenn dies nicht ehevertraglich ausgeschlossen wurde.
Als eheprägend in diesem Sinne ist auch das mietfreie Wohnen im eigenen Haus anzusehen, und zwar i.H.d. Differenz zwischen objektivem Mietwert einerseits und Aufwand andererseits.
Rz. 238
Die Rspr. erkennt auch die Familienarbeit (Haushalt und Kinderbetreuung) des nicht berufstätigen Ehegatten als eheprägend an und sieht in der nachfolgend aufgenommenen Erwerbstätigkeit quasi ein Surrogat der bisherigen Haushaltstätigkeit desjenigen Ehegatten, der Familienarbeit leistete. Gleiches gilt für das Mehreinkommen durch Ausweitung einer Halbtags- zu einer Ganztagstätigkeit.
Rz. 239
Nicht eheprägend sind diejenigen Teile eines gehobenen Einkommens, die zur Vermögensbildung verwendet werden, da sie für Unterhaltszwecke nicht zur Verfügung stehen.
Rz. 240
Auch ehebedingte Verbindlichkeiten – d.h. solche, die bis zur Trennung einvernehmlich bestanden haben – prägen die ehelichen Lebensverhältnisse und sind daher bereits beim Maß des Unterhalts abzuziehen, nicht erst bei der Leistungsfähigkeit. Es ist unerheblich, welcher Ehegatte die Verbindlichkeiten einging und wofür er sie verwendete. Ausgeschlossen sind allerdings solche Verbindlichkeiten, die leichtfertig für Luxuszwecke oder ohne vernünftigen Grund eingegangen wurden oder mit denen die Ehegatten die Kosten der allgemeinen Lebensführung bestritten.
Kindesunterhalt, der die ehelichen Lebensverhältnisse prägt, ist vor der Quotierung vom Einkommen abzuziehen.
Rz. 241
Fiktive Einkünfte, die bei der Beurteilung von Leistungsfähigkeit und Bedürftigkeit eine Rolle spielen, sollten nicht als eheprägend angesehen werden, da der Lebensstandard entscheidend ist, den die Ehegatten tatsächlich gelebt haben. Anders ist dies aber, wenn ein Ehegatte nach der Scheidung seine Erwerbsobliegenheit verletzt und dadurch sein Einkommen unter das in der Ehe gewohnte Niveau herabsinkt. In einem solchen Fall sind die fiktiven Einkünfte prägend. Fiktive Einkünfte als Surrogat der Familienarbeit sind in gleicher Weise prägend. Auch werden Versorgungsleistungen im Haushalt des neuen Partners nach der "Surrogats-Lösung" behandelt, da die geldwerten Versorgungsleistungen wie eine bezahlte Tätigkeit im Haushalt bei Dritten zu beurteilen und als "Surrogat" des wirtschaftlichen Werts der früheren Haushaltstätigkeit für die Familie anzusehen sind.