Rz. 404
An die Wirksamkeitskontrolle schließt sich die Ausübungskontrolle an, die der BGH auf § 242 BGB stützt. In der Praxis hat die Ausübungskontrolle zunehmend an Bedeutung gewonnen. I.R.d. Ausübungskontrolle ist zu prüfen, ob sich nunmehr, d.h. im Zeitpunkt des Scheiterns der Ehe, der Ausschluss der Scheidungsfolgen als eine evident einseitige, unzumutbare Lastenverteilung darstellt, so dass es dem begünstigten Teil verwehrt ist, sich auf den – wirksam vereinbarten – Verzicht zu berufen. Eine Ausübungskontrolle kommt insb. in Betracht, wenn und soweit die tatsächliche Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse von der ursprünglichen Lebensplanung abweicht, die die Ehegatten dem Ehevertrag zugrunde gelegt haben, und dadurch dem belasteten Ehegatten ehebedingte Nachteile entstanden sind.
Rz. 405
Die Ausübungskontrolle nach § 242 BGB zeichnet sich durch eine flexible Rechtsfolge aus. Ist die Berufung auf eine Klausel nicht zulässig, so gilt nicht automatisch anstelle dieser Klausel das gesetzliche Recht, sondern der Richter kann die gültige Rechtsfolge bestimmen. Maßstab der Anpassung bei der Ausübungskontrolle ist nach der Rspr. des BGH nicht mehr nur die gesetzliche Rechtslage, sondern auch der abgeschlossene Ehevertrag, dessen Intention berücksichtigt werden muss. Wenn der Ehevertrag eine hälftige Teilhabe gerade ausschließt, so beschränkt sich die Anpassung ggf. auf den Ausgleich ehebedingter Nachteile. Je zentraler die Rechtsfolge, deren Abbedingen beanstandet wurde, zum Kernbereich der gesetzlichen Scheidungsfolgen gehört, desto näher muss die richterliche Rechtsfolge der gesetzlichen sein.
Z.T. zieht der BGH auch die Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage heran (§ 313 BGB), soweit die tatsächliche Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse von der ursprünglichen Planung abweicht, die dem Ehevertrag zugrunde lag. Die ehevertraglich vereinbarten Rechtsfolgen sind regelmäßig so an die veränderten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse der sodann gelebten Ehe anzupassen, dass diese den Belangen beider Ehegatten in der nunmehr eingetretenen Lage in ausgewogener Weise Rechnung tragen. Der Ehegatte darf nicht bessergestellt werden, als er ohne die Ehe und die daraus folgenden Nachteile stehen würde. Obergrenze sind das gesetzlich Geschuldete einerseits und der Stand ohne Ehe andererseits.
Rz. 406
Die Ausübungskontrolle hat – im Gegensatz zur Nichtigkeit – zusätzlich auch eine zeitliche Komponente. Daher kann die Berufung auf Scheidungsfolgeregelungen ggf. auch nur für einen bestimmten Zeitraum ausgeschlossen sein, so etwa bei einem kompletten Unterhaltsverzicht für die Zeit der Kindesbetreuung.