(1) Wahrung der Belange des Kindes
Rz. 210
§ 1578b BGB enthält eine Kinderschutzklausel, wonach die Belange eines vom Berechtigten betreuten gemeinschaftlichen Kindes gewahrt bleiben sollen. Dies soll vor einem erheblichen Niveauunterschied zwischen ungeschmälertem Kindesunterhalt und herabgesetztem Ehegattenunterhalt schützen, da letztlich die Restfamilie doch "aus einem Topf" lebt.
(2) Ehebedingte Nachteile
Rz. 211
Nach § 1578b Abs. 1 Satz 2 BGB sind i.R.d. Billigkeitsabwägung insb. die ehebedingten Nachteile zu gewichten. Ehebedingt sind solche Nachteile, die die Fähigkeit eines Ehegatten, für seinen Unterhalt zu sorgen, durch die Gestaltung der Ehe, insb. die Arbeitsteilung der Ehegatten, beeinträchtigen. Die Gründe für mögliche ehebedingte Nachteile werden in Abs. 1 Satz 3 näher definiert. Hierbei wird abgestellt auf
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die Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes sowie |
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die Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe. |
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Das Vorliegen ehebedingter Nachteile ist entscheidendes Kriterium. Liegen solche Nachteile vor, die nicht mehr ausgleichbar sind, dann kommt i.d.R. eine Befristung nicht in Betracht, auch bei kürzerer Ehe, sondern allenfalls eine Beschränkung der Unterhaltshöhe. Je geringer ehebedingte Nachteile sind, desto eher kann eine Beschränkung greifen. In solchen Fällen ist auch bei langer Ehedauer eine Befristung nicht ausgeschlossen. Regelmäßig von den Beschränkungen betroffen ist der Aufstockungsunterhalt, der auf einem Qualifikationsdefizit und nicht auf einem Nachteilsausgleich beruht. |
Hinweis
Die Aufnahme einer vollen Erwerbstätigkeit hat regelmäßig Konsequenzen für das Unterhaltsbegehren.
(3) Dauer der Ehe
Rz. 212
Mit Wirkung zum 1.3.2013 wurde § 1578b BGB dahingehend geändert, dass die Dauer der Ehe als eigenständiges Billigkeitskriterium zu den ehebedingten Nachteilen hinzugefügt wurde. Der Gesetzgeber sieht dies nur als Klarstellung an, um zu vermeiden, dass beim Fehlen ehebedingter Nachteile der Unterhaltsanspruch begrenzt wird, ohne bei der Billigkeitsabwägung die sonstigen Umstände des Einzelfalls, insb. eine lange Ehedauer, zu berücksichtigen. Der BGH folgt dieser Ansicht.
Bei dem Kriterium der Ehedauer ist v.a. auf die Dauer und Intensität der wirtschaftlichen Verflechtung der Ehegatten abzustellen. Ebenso ist für die Bemessung der Frist, für die noch Unterhalt zu zahlen ist, die Zeitdauer maßgeblich, die zu einer wirtschaftlichen Entflechtung und zur Erlangung einer eigenen Lebensstellung erforderlich ist. Hierbei können die Trennungszeit und die Zahlung von Trennungsunterhalt mitberücksichtigt werden.
Hinweis
Bei Scheidungsvereinbarungen kann die Befristung des nachehelichen Unterhalts nach dem Zeitraum bemessen werden, der zur wirtschaftlichen Entflechtung und zur Erlangung einer wirtschaftlichen selbstständigen Lebensstellung erforderlich ist.
Rz. 213
Die Bedeutung der Ehedauer ist jedoch dann relativiert, wenn keine ehebedingten Nachteile eingetreten sind. Insb. ist in der Doppelverdienerehe, in der jeder Ehegatte ohne Beeinträchtigung durch die Ehe sein berufliches Fortkommen erreicht, trotz langer Ehedauer kein unbefristeter Unterhalt auszusprechen, auch wenn aufgrund eines vorehelichen Qualifikationsgefälles die Einkünfte unterschiedlich sind. Bei solchen Ehen ist eine übergangsweise Zahlung in Betracht zu ziehen. Der BGH lehnt jeden Automatismus ab: So folgt aus einer sehr langen Ehe nicht zwingend ein unbefristeter Unterhalt. Entscheidend ist nach der Rspr. der Begriff der nachehelichen Solidarität, der auch jenseits ehebedingter Nachteile eine Unterhaltszahlung bei langer Ehe und fortbestehender wirtschaftlicher Verflechtung nach einer Gesamtabwägung rechtfertigen kann. Als Untergrenze für die Annahme einer langen Ehe wird jedoch der Zeitraum von 15 Jahren erachtet.
Rz. 214
Der Ehedauer ist die Zeit der (nachehelichen) Kindesbetreuung nicht mehr gleichgestellt. Sie ist nur noch als ein gesetzlich hervorgehobener Aspekt in der Billigkeitsabwägung zu berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund stehen nach Auffassung des OLG Celle auch die Pflege und Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes der Befristung von Krankenbetreuungsunterhalt nicht mehr entgegen.
Rz. 215
In der Abwägung können auch sehr gute Einkommensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen Berücksichtigung finden; sie führen aber deshalb noch nicht zu einem unbefristeten Unterhalt.
Rz. 216
Verschuldensmomente spielen hingegen keine Rolle.