Rz. 386
Die aus der Privatautonomie folgende Dispositionsfreiheit ist der Grundsatz. Sie gilt aber nicht schrankenlos. Vielmehr wird die Vertragsfreiheit begrenzt durch den Schutzzweck der gesetzlichen Regelung.
Die Verletzung dieses Schutzzweckes prüft der BGH sodann dreigliedrig:
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evident einseitige Lastenverteilung, |
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durch individuelle Gestaltung ehelicher Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigt, |
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für den belasteten Ehegatten unzumutbar. |
Rz. 387
Ob diese Voraussetzungen bei ehevertraglicher Abweichung vom gesetzlichen Scheidungsfolgenrecht vorliegen, hat der Tatrichter zu prüfen. Nach Auffassung des BGH entfällt diese Prüfung nicht von vornherein deshalb, weil der beurkundende Notar über Inhalt und Konsequenz des Vertrages ordnungsgemäß belehrt hat. Die Mitwirkung des Notars entbindet nicht von jeder Prüfungspflicht.
Hinweis
Die ordnungsgemäße Belehrung des Notars macht die Inhaltskontrolle nicht überflüssig, kann aber den Ehegatten den Regelungsgehalt und seine Folgen bewusst machen und so die Imparität eines Vertragsteils beseitigen, der dann in eigener Verantwortlichkeit der Regelung zustimmt.
Rz. 388
Der BGH hat eine familienrechtliche Kernbereichslehre mit einer Stufenfolge der Scheidungsfolgenansprüche entwickelt. Je unmittelbarer die vertragliche Abweichung in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreift, desto schwerer wiegt die daraus folgende Belastung. Der BGH bildet die nachfolgenden Stufen einer Rangfolge der Disponibilität der Scheidungsfolgen:
aa) Kindesbetreuungsunterhalt
Rz. 389
Auf erster Stufe steht der Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB. Er ist schon durch das betroffene Kindesinteresse nicht frei disponibel. Allerdings ist er auch nicht zwingend und jeder Disposition entzogen. Der BGH nennt als Beispiel ein von den Ehegatten abweichend vereinbartes Betreuungsmodell. Damit manifestieren sich bereits seit längerer Zeit gegebene Hinweise zur Vorsicht bei Abbedingung des Betreuungsunterhalts.
Rz. 390
Fraglich ist, wie die Tatbestände des Kindesbetreuungsunterhalts in § 1570 BGB in diese Kernbereichslehre einzuordnen sind. Der dreijährige Basisunterhaltsanspruch ist der ersten Stufe des Kernbereiches zuzurechnen. Er ist für den Gesetzgeber quasi das Minimum im Bereich des Kindesbetreuungsunterhalts. I.R.d. Vertragsgestaltung sollte dieser Basisunterhaltsanspruch unangetastet bleiben, zumal sich die Zeit bis zum dritten Lebensjahr des Kindes ohnehin oft mit der Trennungszeit überschneidet, in der auf Unterhalt nicht verzichtet werden kann. Wem die von der Rspr. entwickelte Grenze einer konkreten Unterhaltsberechnung nicht genügt, der könnte allenfalls eine auskömmliche und großzügige Höchstgrenze vereinbaren, die jedenfalls bei gehobenen Einkommensverhältnissen zulässig sein dürfte.
Hinweis
Es bleibt der Ratschlag des "Weniger ist mehr", d.h. trotz dieser Aussage des BGH sollte eine Unterhaltshöchstgrenze erst bei sehr hohem Einkommen insb. in der Diskrepanzehe vereinbart werden und nicht schon bei beiderseits mittlerem, aber geringfügig unterschiedlichem Einkommen.
Eine vertragliche Beschränkung auf den notwendigen Unterhalt oder gar ein vollständiger Verzicht dürfte jedoch – abgesehen von den Fällen des § 1579 BGB – nicht zulässig sein. Etwas anderes gilt jedoch im Fall einer Heirat in fortgeschrittenem Alter mit ausgeschlossenem Kinderwunsch und grundlegender Altersversorgung. In einem solchen Fall hat der BGH bei einem Verzicht auf Zugewinn, Versorgungsausgleich und Unterhalt gegen Zahlung einer Unterhaltsabfindung und der Entrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Altersversorgung entschieden, dass auch auf Kindesbetreuungsunterhalt sowie auf Unterhalt wegen Alters und Krankheit verzichtet werden könne, wenn keine Kinder erwartet würden. Wichtig war dem BGH in dem entschiedenen Fall, dass der Ehemann aufgrund der vereinbarten Unterhaltsabfindung seine nacheheliche Verantwortung nicht schlechthin abbedungen hat. Außerdem verneint der BGH das Vorliegen einer Zwangslage. Wenn später jedoch Kinder geboren werden und ein Vertragsteil seinen Beruf aufgibt, dürften ggf. Anpassungen im Wege der Ausübungskontrolle erforderlich werden.
Hinweis
In bestimmten Ehekonstellationen kann auch auf Kindesbetreuungsunterhalt verzichtet werden. Ein Ehepartner sollte jedoch seine nacheheliche Verantwortung nicht schlechthin abbedingen.
Eine zeitliche Begrenzung hingegen dürfte grds. zulässig sein; Grenze dafür dürfte das Kindeswohl bilden. Was die anschließende Verlängerung aus kindbezogenen Gründen anbelangt, so wird man konstatieren müssen, dass der Gesetzgeber den Kindesbetreuungsunterhalt nach § 1570 BGB selbst sehr stark relativiert und nur den Basisunterhalt als feste Bastion nicht geschliffen hat.
Diese Relativierung wird durch die fest bestimmte und kurze Frist des Basisunterhaltes deutlich. Gleichwohl sind bei § 1570 Abs. 1 Satz 2 BGB Kindesinteressen betro...