I. Reichweite des Versorgungsausgleichs
Rz. 359
Der Versorgungsausgleich will das Recht auf gleiche Teilhabe für den Bereich der Versorgungsanrechte realisieren. Er dient – wie der Zugewinnausgleich – der Teilhabe an den in der Ehe erworbenen Vermögenwerten. Der ausgleichsberechtigten Person steht die Hälfte des Werts des jeweiligen in der Ehezeit erworbenen Anteils von Anrechten (Anwartschaften auf Versorgungen und Ansprüche auf laufende Versorgungen) zu. Aus diesem Grund kommt es – anders als beim Unterhalt – auch nicht auf Bedürftigkeit oder Leistungsfähigkeit an. Vom Güterstand ist der Versorgungsausgleich aber unabhängig; er findet also auch bei Gütertrennung Anwendung.
Rz. 360
Durch das Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs ist eine Vielzahl von Einzelausgleichen an die Stelle der bisherigen Saldierung aller Versorgungsrechte mit anschließendem Einmalausgleich getreten. Jedes auszugleichende Anrecht ist einzeln auszugleichen. Grds. werden die Anrechte intern geteilt, d.h. bei demselben Versorgungsträger, bei dem das bisherige Anrecht besteht, wird für den insoweit ausgleichsberechtigten Ehegatten ein eigenes Versorgungskonto eingerichtet (§§ 9 ff. VersAusglG). Eine externe Teilung erfolgt aber v.a. noch beim öffentlich-rechtlichen Dienst, d.h. die Begründung von Anrechten bei einem anderen Versorgungsträger ist die Ausnahme (§§ 14 ff. VersAusglG).
Rz. 361
Neben der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung fallen in den Versorgungsausgleich grds. auch betriebliche Altersversorgungen, berufsständische Versorgungen und die private Alters- und Invalidenvorsorge. Anrechte i.S.d. Betriebsrentengesetzes oder des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes sind auch bei Kapitalzahlungen im Versorgungsausgleich zu berücksichtigen (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG).
Rz. 362
Das VersAusglG hebt noch vor den einzelnen Ausgleichsarten in §§ 6 ff. VersAusglG die Möglichkeit hervor, dass Ehegatten Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich treffen können. Das Gericht ist dann an die Vereinbarung gebunden (§ 6 Abs. 2 VersAusglG). Allerdings muss die Vereinbarung der Inhaltskontrolle standhalten (vgl. ausführlich u. Rdn 375 ff.).
II. Gesetzliche Regelung unpassend für Unternehmer
Rz. 363
Für den selbstständigen Unternehmer bestehen jedoch meist i.R. dieses Ausgleichssystems keine eigenen Anrechte, da er häufig im Rahmen seines Vermögens Altersvorsorge betreibt und ihm als beherrschendem Gesellschafter Altersvorsorgeformen für abhängig Beschäftigte nicht zur Verfügung stehen.
Rz. 364
I.R.d. Unternehmerehevertrages ist aus diesem Grund stets an den Versorgungsausgleich zu denken, denn die gesetzliche Regelung führt ansonsten zu Ungerechtigkeiten. Wenn der Nichtunternehmer-Ehegatte schon auf den Ausgleich des Zugewinns oder wenigstens auf solchen aus dem Betrieb verzichtet hat, so wollen die Ehegatten i.d.R. nicht, dass der vermeintlich finanzkräftigere Unternehmer-Ehegatte im Fall einer Ehescheidung von der Altersversorgung des anderen Ehepartners profitiert, der häufig neben der Kindererziehung auch nur eingeschränkt gearbeitet oder gerade wegen der späteren Rentenansprüche beim Unternehmer-Ehegatten im Betrieb mitgearbeitet hat.
Hinweis
Bei Selbstständigen sollte auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs insgesamt oder zumindest insoweit verzichtet werden, als der Nichtunternehmer-Ehegatte Ausgleichsverpflichteter wäre. Letzteres kommt insb. dann in Betracht, wenn man über die weitere Entwicklung des Unternehmens oder die Position des Selbstständigen keine vollständige Sicherheit hat.
Es erfolgen Einzelausgleiche in beiderseitige Richtungen. Vergleichbar machen kann man die Positionen allenfalls mit dem korrespondierenden Kapitalwert nach § 47 VersAusglG, der vom Versorgungsträger mitzuteilen ist. Wäre danach der Unternehmer-Ehegatte insgesamt der Begünstigte, kann der Versorgungsausgleich unterbleiben. Dann muss aber auch der Nichtunternehmer-Ehegatte auf den Ausgleich der Versorgungen des anderen Ehegatten verzichten.