Rz. 242
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob bestimmte Umstände die ehelichen Lebensverhältnisse prägten, ist grds. die Rechtskraft der Scheidung. Eine nacheheliche Entwicklung wirkt sich jedoch auf den Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen dann aus, wenn sie einen Anknüpfungspunkt in der Ehe findet, d.h. in der Ehe bereits angelegt oder unter Anknüpfung an den Scheidungszeitpunkt mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten war.
Rz. 243
Einkünfte des Unterhaltsverpflichteten, die dieser aus einem Erbe zieht, das erst nach Rechtskraft der Scheidung angefallen ist, sollen daher dann eheprägend sein, wenn der Verpflichtete gerade im Hinblick auf dieses Erbe keine angemessene Altersversorgung erspart hat, also das Eheleben bereits auf dieses zukünftige Ereignis ausgerichtet war.
Auch Einkommenssteigerungen, die sich aus der beruflichen Weiterentwicklung eines Ehegatten in einer der ursprünglichen vergleichbaren Berufstätigkeit in engem zeitlichem Zusammenhang zur Scheidung ergeben, prägen die ehelichen Lebensverhältnisse. War die Veränderung in der ehelichen Entwicklung angelegt und mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, so kann auch diese Erwartung bereits die Ehe geprägt haben, wenn die Eheleute ihren Lebenszuschnitt bereits auf diese Erwartung eingerichtet hatten und ein enger zeitlicher Zusammenhang der Veränderung mit der Scheidung noch besteht. Etwas anderes gilt hingegen für einen nachehelichen Karrieresprung.
Bei Selbstständigen berücksichtigt der BGH i.R.d. Bestimmung der ehelichen Lebensverhältnisse auch einen mit hoher Wahrscheinlichkeit in der nachehelichen Zeit eintretenden und nicht abzuwendenden Einkommensrückgang, auf den sich die Ehegatten bei Fortbestehen der Ehe hätten einrichten müssen.