Rz. 112
Zu diesen Fragen der Abstimmung der Bewertung auf die Rechtsgebiete des Familien- oder Erbrechts ist im Jahre 2016 der Standard IDW S 13 erlassen worden, der sich mit der Unternehmensbewertung im Familien- und Erbrecht befasst. Der Standard IDW S 13 hängt an die Unternehmensbewertung einen zweiten Schritt an, um einen Ausgleichs- oder Auseinandersetzungswert zu ermitteln. Dabei wird klargestellt, dass es keine Bewertung mit vom IDW S 1 abweichenden Bewertungsregelungen gibt, sondern eine anzuhängende zweite Stufe.
Das literarische Echo auf diesen Standard ist groß. Soweit ersichtlich, hat die Rspr. allerdings bislang noch nicht geklärt, was für Abweichungen des Standards IDW S 13 von der Rspr. des BGH gilt.
Der Standard IDW S 13 regelt unter anderem die Bewertung an den verschiedenen Stichtagen, nämlich der Eheschließung (Anfangsvermögen), dem Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung (vgl. § 1375 Abs. 2 BGB) und dem Stichtag für das Endvermögen, in der Regel also die Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags (§ 1384 BGB). Der Standard IDW S 13 nimmt Bezug auf die vorgestellte "Wurzeltheorie" und postuliert die Methodenstetigkeit der Bewertung. Dabei sollen die Bewertungsgrundsätze zum Bewertungszeitpunkt einheitlich Anwendung finden. Allerdings bleiben auch mit dieser Vorgabe Fragen offen, so etwa die nach der Auswirkung völlig unterschiedlicher Steuerregime oder nach der Neufassung von zum damaligen Zeitpunkt bereits vorhandenen Bewertungen oder die Frage der Rückwirkung von Methodenanpassungen und Methodenverbesserungen.
IDW S 13 nimmt die Rspr. des BGH insoweit auf, als es für die Unternehmensbewertung nur auf die übertragbare Ertragskraft ankommt. Eine solche Übertragbarkeit ist bei personenbezogenen Unternehmen eingeschränkt. Für die Berücksichtigung des Unternehmerlohnes folgt IDW S 13 dem BGH, dass nicht ein kalkulatorischer, sondern der konkret gerechtfertigte individuelle Unternehmerlohn zu berücksichtigen ist.
Auch die Rspr. zur latenten Ertragsteuer findet sich im Standard IDW S 13 wieder. So wird die fiktive Veräußerung am Stichtag unterstellt und die dadurch ausgelöste persönliche Ertragsteuerbelastung abgezogen, und zwar zu allen Stichtagen. Dies wirft erhebliche Bewertungsprobleme auf und führt dazu, dass dasselbe Unternehmen in der Hand unterschiedlicher Inhaber jeweils verschiedene Werte hat. Nach dem Standard sind einem Abzug latenter Ertragsteuer aber auch etwaige tax amortisation benefits gegenüberzustellen. Wie dies in der Praxis im Einklang mit der vom BGH geforderten Bewertung des wahren Werts umzusetzen ist, ist bislang fraglich.
Schließlich trifft der IDW Standard S 13 noch die Aussage, dass Abfindungsklauseln, welche bei Ausscheiden aus einer Gesellschaft eine Abfindung unterhalb des Verkehrswertes vorsehen, nicht zu berücksichtigen sind, es sei denn, die Gesellschaft ist bereits gekündigt.