Rz. 186
Nach einhelliger Auffassung in Rspr. und Lehre ist das bisherige Altersphasenmodell so nicht mehr praktizierbar und wird durch eine umfassende Einzelfallprüfung ersetzt. Dies gibt für die gerichtliche und auch die notarielle Praxis einen wesentlichen Vorteil vorhersehbarer Erwerbsobliegenheit auf.
Rz. 187
Auch nach der Regelung des § 1570 BGB besteht jedoch keine schlagartige Vollzeiterwerbsobliegenheit mit Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes, sondern je nach Einzelfall ein gleitender Übergang mit zunächst einer Teilzeiterwerbsobliegenheit. Dies lässt sich aus dem "solange und soweit" in § 1570 Abs. 1 Satz 2 BGB folgern. Zahl und Alter der Kinder bleiben weiterhin die wichtigsten Gesichtspunkte der Abwägung.
Rz. 188
Bei einer Teilzeittätigkeit i.R.d. § 1570 BGB besteht Zweiteilung in einen Anspruch bis zur Höhe des Entgelts für Vollzeittätigkeit nach § 1570 BGB und darüber hinaus einen Aufstockungsanspruch aus § 1573 Abs. 2 BGB.
Hinweis
Bei Kindesbetreuungsunterhalt und Teilzeittätigkeit muss weiterhin eine getrennte Ausweisung der Ansprüche nach § 1570 BGB und § 1573 Abs. 2 BGB erfolgen.
Ebenso sollte bei einem Unterhaltsverzicht mit Ausnahme des Kindesbetreuungsunterhalts weiterhin § 1573 Abs. 2 BGB erwähnt werden, wenn auch der Aufstockungsteil vorbehalten bleiben soll.
Rz. 189
Der Rang eines Anspruchs nach § 1570 Abs. 1, Abs. 2 BGB richtet sich nach § 1609 Nr. 2 BGB. Auch sofern ein Elternteil neben einem Anspruch aus § 1570 BGB Unterhalt aufgrund einer weiteren Anspruchsgrundlage, z.B. als Aufstockungsunterhalt, verlangen kann, fällt der Gesamtunterhaltsanspruch solange in den zweiten Rang, wie ein Betreuungsunterhaltsanspruch besteht.
Rz. 190
Den Unterhaltsgläubiger trifft die volle Beweislast für die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1570 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 BGB. Er muss also darlegen und beweisen, warum eine Betreuung des Kindes auch nach Ablauf des dritten Lebensjahres weiterhin erforderlich ist. Dazu muss er substanziiert vortragen und ggf. beweisen, welche Bemühungen einer Fremdbetreuung unternommen wurden oder aus welchen Gründen eine Fremdbetreuung ausscheidet, so dass eine Erwerbstätigkeit nicht in Betracht kommt. Der BGH hat die Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast insb. für die Verlängerung des Unterhaltsanspruchs aus kindbezogenen Gründen etwas abgemildert (z.B. bei besonderen Bedürfnissen des Kindes etwa im sportlichen oder musischen Bereich). Bis zum dritten Lebensjahr des Kindes wird die Betreuungsbedürftigkeit gesetzlich vermutet.