Rz. 394
Nach diesen Vorgaben muss die Grenze der privatautonomen Regelungsmöglichkeit gezogen werden. Nach der Rspr. des BGH ist eine Regelung über den Kindesbetreuungsunterhalt nicht schon bei Erreichen des Existenzminimums akzeptabel (und schon gar nicht unterhalb dieses Werts). Eine Grenze ist vielmehr nach der Rspr. erst dann erreicht, wenn die Unterhaltshöhe nicht annähernd geeignet ist, die ehebedingten Nachteile auszugleichen.
Rz. 395
Damit setzt sich eine schon mit den Urteilen vom 6.10.2004 begonnene Tendenz der Rspr. fort, die den Ausgleich ehebedingter Nachteile in den Mittelpunkt stellt. Nach dem reformierten Unterhaltsrecht hat der Begriff des ehebedingten Nachteils nunmehr auch positivrechtlichen Niederschlag in § 1578b Abs. 1 BGB gefunden. Ehebedingte Nachteile gelten zudem als tauglicher Ansatzpunkt für die Reichweite ehevertraglicher Gestaltungsfreiheit.
In den Urt. v. 25.5.2005 und vom 5.7.2006 hat der BGH das Kriterium der ehebedingten Nachteile nicht nur bei der Ausübungskontrolle, sondern bereits bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit angewandt. Damit dürfte bestätigt sein, dass Eheverträge, welche alle ehebedingten Nachteile ausgleichen, jedenfalls nicht sittenwidrig sind. Ausnahmen mögen allenfalls gerechtfertigt sein, wenn das voreheliche Einkommen des kindesbetreuenden Ehepartners so niedrig ist, dass den betreuten Kindern bei einer Unterhaltszahlung auf diesem Niveau evident Nachteile drohen. Der Ausgleich ehebedingter Nachteile ist regelmäßig auch die Obergrenze für eine Anpassung im Rahmen der Ausübungskontrolle.
Rz. 396
Hat der Ehepartner ein sehr hohes voreheliches Einkommen, greift eine Unterhaltshöchstgrenze, die deutlich darunter liegt, zu niedrig. Allerdings kann bei gemeinsamer Entscheidung beider Ehegatten zur Aufgabe der Berufstätigkeit eines Ehegatten diesem unterhaltsrechtlich bei nur einem Einkommen ggf. nicht sein voreheliches Einkommen als Unterhalt zustehen. In den Diskrepanzfällen jedoch sollte sich der Unterhaltsanspruch des verzichtenden Teils von dessen vorehelichem Einkommen nicht allzu weit wegbegeben. Die Indexierung oder sonstige Anpassung darf nicht übersehen werden.
Zu klären wäre schließlich noch, ob die Berufsaufgabe wirklich ehebedingt erfolgt ist. Insb. wenn die Schwangerschaft schon bei Vertragsabschluss vorliegt, hätte es auch ohne die Ehe möglicherweise eine berufliche Unterbrechung gegeben. In einem solchen Fall legt der BGH den Ehevertrag dahingehend aus, ob dieser eine entsprechende Rollenverteilung der Kinderbetreuung durch einen Ehegatten vorsieht.
Indem die ehebedingten Nachteile die Grenze privatautonomer Gestaltung darstellen, haben sie auch von vornherein Einfluss auf die Einstufung in die Kernbereichstheorie. Dies hat der BGH bei der Bestimmung der Rangfolge für den Kranken- und Altersvorsorgeunterhalt geklärt.