Rz. 277
Nach § 1581 BGB sind die Verbindlichkeiten des Unterhaltsverpflichteten für die Frage der Leistungsfähigkeit zu beachten. Dafür ist eine umfassende Abwägung der Interessen von Unterhaltsverpflichtetem, -berechtigtem und Drittgläubiger erforderlich. Der Unterhalt darf gem. § 1581 BGB nicht dazu führen, dass dem Unterhaltsberechtigten ein höherer Betrag zum Leben zur Verfügung steht als dem Unterhaltsverpflichteten. Insb. Luxusverbindlichkeiten und Verbindlichkeiten ohne nachvollziehbaren Grund können nicht abgezogen werden. Allerdings ist der Abzug von Verbindlichkeiten – anders als bei der Bedarfsberechnung – nicht auf ehebedingte Schulden beschränkt.
Rz. 278
Nach Auffassung des BGH besteht im Fall der gesteigerten Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB eine Obliegenheit zur Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens, wenn das Verfahren zulässig und geeignet ist, den laufenden Unterhalt der minderjährigen Kinder sicherzustellen, es sei denn, der Unterhaltspflichtige trägt Umstände vor und beweist sie, wonach für ihn die Einleitung eines solchen Verfahrens unzumutbar ist. Nach der Rspr. ist eine umfassende Interessenabwägung in jedem Einzelfall und unter Einbeziehung der Interessen aller Betroffenen vorzunehmen. Eine Unzumutbarkeit kann insb. vorliegen, wenn entweder die Drittschulden oder die gesteigerte Unterhaltspflicht eine wesentlich geringere Laufzeit haben als die Wohlverhaltensphase oder wenn der Betrag der Drittschulden relativ niedrig ist und der kindesbetreuende Ehegatte gesamtschuldnerisch mithaftet.
Für den Ehegattenunterhaltsanspruch hat der BGH eine solche Obliegenheit jedoch ausdrücklich abgelehnt. Die Entscheidung erging zwar in einem Fall zum Trennungsunterhalt, der BGH hat jedoch betont, dass dies in gleicher Weise für den nachehelichen Unterhalt gelte, denn nur die gesteigerte Unterhaltspflicht ggü. Kindern rechtfertige die Obliegenheit. Ggü. einer Kindesmutter mit Ansprüchen nach § 1615l BGB besteht keine Obliegenheit zur Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens mit Restschuldbefreiung.
Wird schließlich ein Insolvenzverfahren eingeleitet, so ist dieses im Regelfall bedarfsprägend.
Rz. 279
I.d.R. berücksichtigungsfähig sind ehebedingte Schulden, die aus der früheren Ehe stammen und in der gemeinsamen Lebensführung gründen. Dies gilt insbesondere, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte als Gesamtschuldner oder Bürge die Schulden hätte mittragen müssen. Der Unterhaltspflichtige darf regelmäßig den Betrag abziehen, den er bei fortdauernder Ehe an Schuldentilgung und Verzinsung hätte leisten können. Ggf. ist mit Rücksicht auf die allseitige Interessenabwägung ein gestreckter Tilgungsplan anzustreben. Der Berechtigte muss eine Kürzung seiner Ansprüche hinnehmen, wenn ansonsten die Einkünfte des Verpflichteten nicht einmal zur Zinszahlung ausreichen und somit die Schuld immer weiter anwüchse.
Zu den das Nettoeinkommen i.R.d. Leistungsfähigkeit mindernden Verbindlichkeiten gehören auch die Unterhaltsverpflichtungen ggü. anderen Berechtigten, sofern diese dem geschiedenen Ehegatten ggü. nicht nachrangig sind.