1. Grundzüge der Zugewinngemeinschaft
Rz. 2
Die Zugewinngemeinschaft ist gesetzlicher Güterstand (§ 1363 Abs. 1 BGB), der seit Inkrafttreten des EheöffnungsG am 1.10.2017 sowohl für heterosexuelle als auch für gleichgeschlechtliche Ehepaare gilt (vgl. § 1353 Abs. 1 Satz 1 BGB). Der Güterstand der Zugewinngemeinschaft steht zur Disposition der Ehegatten und kann durch notariellen Ehevertrag (vgl. §§ 1408 ff. BGB) abbedungen werden. Der Zugewinngemeinschaft liegt der Gedanke zugrunde, dass unabhängig von der ehelichen Rollenverteilung eine hälftige Teilhabe jedes Ehegatten an dem von beiden erworbenen Vermögen besteht. Insb. wird dadurch derjenige Ehegatte, der den Haushalt versorgt, in gleicher Weise am Gesamterwerb beteiligt wie der erwerbstätige Ehegatte (Einverdienerehe).
a) Vermögenstrennung
Rz. 3
Entgegen dem Wortlaut "Zugewinngemeinschaft" bleibt das Vermögen der Ehegatten – auch das während der Ehe erworbene – getrennt (§ 1363 Abs. 2 Satz 1 BGB). Es findet also keine dingliche Beteiligung am Vermögen des jeweils anderen Ehegatten statt. Vielmehr beschränkt sich die Auswirkung des gesetzlichen Güterstandes auf den Ausgleich von Zugewinn bei Beendigung des Güterstandes.
Das bedeutet zugleich, dass der Zugewinnausgleichsanspruch des berechtigten Ehegatten während des Bestehens der Ehe latent und ungesichert ist. Hat der verpflichtete Ehegatte z.B. einen haftungsträchtigen Beruf, so kann es ratsam sein, bereits bei bestehender Ehe einen einvernehmlichen Zugewinnausgleich vertraglich zu regeln, um eine angemessene dingliche Beteiligung des berechtigten Ehegatten frühzeitig herzustellen; dies gilt gerade mit Blick auf die Anfechtungsfristen nach dem Anfechtungsgesetz.
Hinweis
Vertraglicher Zugewinnausgleich bei bestehender Ehe sichert gegen Haftungsgefahren beim vermögenderen Ehegatten.
Rz. 4
Konsequenz der Vermögenstrennung ist die Befugnis jedes Ehegatten, sein Vermögen selbst zu verwalten (§ 1364 BGB).
Zum Schutz des anderen Ehegatten bestehen lediglich Verfügungsbeschränkungen für Haushaltsgegenstände (§ 1369 BGB) und für Verfügungen über das Vermögen im Ganzen (§ 1365 BGB). Für solche Verfügungen benötigt der verfügende Ehegatte auch bei Alleineigentum die Zustimmung seines Ehepartners (vgl. dazu u. Rdn 18 ff.).
b) Haftung nur für eigene Verbindlichkeiten
Rz. 5
Weitere Folge der Vermögenstrennung im Rahmen der Zugewinngemeinschaft ist die grds. Haftung jedes Ehegatten nur für eigene Verbindlichkeiten. In der Gestaltungsberatung gilt es, diesen Grundsatz besonders zu betonen, damit die Ehegatten ihre Vermögensorganisation entsprechend ausrichten können. Für Verbindlichkeiten des anderen haftet ein Ehegatte nur dann, wenn für eine solche Haftung ein besonderer Schuldgrund vorliegt.
Rz. 6
In der Praxis verlangen Kreditgeber bei Ehegatten, die im gesetzlichen Güterstand leben, oft – unabhängig von der Verwendung eines Darlehens – die Mitunterzeichnung des Darlehensvertrages durch den anderen Ehegatten. Dem liegt die Befürchtung der Gläubiger vor Vermögensverschiebungen auf den nicht haftenden Ehegatten zugrunde. Die Rspr. hat allerdings die Wirksamkeit solcher Mithaftungen eingeschränkt. Zunächst ist Mitschuldner nur, wer erkennbar ein eigenes sachliches und/oder persönliches Interesse an der Kreditgewährung hat und über Auszahlung und Verwendung der Darlehensvaluta im Wesentlichen gleichberechtigt mitentscheiden darf. Die Beweislast hierfür liegt bei der Bank, eine Vermutung gilt – angesichts des nur mittelbaren Vorteils – auch nicht bei Investitionen in das gemeinsam bewohnte Haus. Bei einem Anschaffungskredit für einen Pkw, der zur Gestaltung und Bewältigung des täglichen Lebens benutzt wird, sind die Ehegatten Mitdarlehensnehmer, unabhängig davon, wer den Kaufvertrag schließt.
Rz. 7
Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, ist der Ehepartner unabhängig von der Bezeichnung durch den Gläubiger lediglich Mithaftender mit der Folge, dass die Mithaftung bei krasser finanzieller Überforderung sittenwidrig ist. Eine solche Überforderung liegt jedenfalls dann vor, wenn der Mithaftende voraussichtlich nicht einmal die laufenden Zinsen aufzubringen vermag. Das Interesse eines Gläubigers, sich durch eine solche Mithaftung vor Vermögensverschiebungen zwischen Ehegatten zu schützen, vermag die Sittenwidrigkeit in aller Regel nur zu vermeiden, wenn dieser beschränkte Zweck durch eindeutige Erklärung zum Inhalt der Mithaftungsabrede gemacht wird. Bei Vorliegen einer krassen finanziellen Überforderung ist im Wege einer tatsächlichen Vermutung von der Sittenwidrigkeit der Mithaftungserklärung auszugehen, wenn der Hauptschuldner dem Mithaftenden persönlich besonders nahe steht, wie dies im Verhältnis zwischen Ehegatten der Fall ist. Der Vorwurf der Sittenw...