Rz. 480
Um eine zutreffende Unterhaltsvereinbarung gestalten zu können, ist es angesichts der bereits geschilderten Rspr. zur Inhaltskontrolle von Eheverträgen sehr wichtig, zunächst die relevanten Daten der Beteiligten, aber auch ihre Vorstellung über die zukünftige Lebensplanung zu erfassen und zu hinterfragen. Neben den allgemein in jede Vereinbarung bzw. Urkunde aufzunehmenden Angaben über die persönlichen Daten und die Staatsangehörigkeit sind die nachfolgend aufgeführten Punkte bedeutsam.
Checkliste: Unterhaltsvereinbarungen
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Vorehen und Unterhaltspflichten hieraus, |
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vorhandene Kinder und Bestehen einer Schwangerschaft, |
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bei vorehelichen Kindern Unterhaltsverpflichtungen, |
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abgeschlossene Ehe- oder Erbverträge sowie Unterhaltsvereinbarungen, |
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Angaben zum Einkommen; bei einer detaillierten Unterhaltsvereinbarung müssen die Angaben zu Einkommen, Abzügen, Werbungskosten etc. vollständig erhoben werden; |
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Angaben zum Vermögen, |
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elterliches oder sonst durch Erbschaft zu erwartendes Vermögen, |
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Darstellung von Berufsausbildung, Berufsweg und weiterer Planung, |
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Beschreibung der Ehekonstellation und der weiteren Lebensplanung, |
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Erarbeitung (zu erwartender) ehebedingter Nachteile, |
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besondere persönliche Eigenschaften eines Ehegatten, z.B. Krankheiten, die den weiteren Lebensweg beeinträchtigen, |
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besondere Vorstellungen der Ehegatten über die Unterhaltsvereinbarung mit Gründen |
Hinweis
Aufgrund der Rspr. zur Inhaltskontrolle ist bei jeder Unterhaltsvereinbarung die Frage nach einer bestehenden Schwangerschaft zu empfehlen.
Auch wenn manche Vertragspartner einige der vorstehenden Themenbereiche nicht gerne erörtern, so kann eine zutreffende Beratung oder Gestaltung nur geleistet werden, wenn vorher eine umfassende Information zugrunde gelegt wird.
1. Vollständiger Unterhaltsverzicht
Rz. 481
Nach § 1585c BGB kann ein vollständiger Verzicht auf nachehelichen Unterhalt sowohl im vorsorgenden Ehevertrag als auch in der Scheidungsvereinbarung erfolgen. Eine solche Vereinbarung bedarf der notariellen Beurkundung. Die Grenzen der Sittenwidrigkeit und des Verstoßes gegen Treu und Glauben sind im Rahmen der Inhalts- und Ausübungskontrolle zu beachten (vgl. ausführlich oben Rdn 375 ff.).
Nach der Rspr. des BGH gibt es einen Kernbereich an Scheidungsfolgen, die nur eingeschränkt disponibel sind. Zu diesem Kernbereich gehört auf der ersten Stufe der Unterhalt wegen Kindesbetreuung nach § 1570 BGB, jedenfalls als Basisunterhalt nach § 1570 Abs. 1 Satz 1 BGB und als kindbezogene Verlängerung nach § 1570 Abs. 1 Satz 2 BGB, auf der zweiten Stufe der Unterhalt wegen Alters und Krankheit. Über die Einordnung des elternbezogen verlängerten Kindesbetreuungsunterhaltes herrscht noch keine Klarheit.
Allerdings gibt es keine Scheidungsfolge, für die der BGH ein "Verzichtsverbot" ausgesprochen hätte. Grds. ist daher etwa in der "double income no kids"-Ehe mit wirtschaftlich unabhängigen Partnern weiterhin ein vollständiger Verzicht möglich, ohne dass dies den Ehevertrag sittenwidrig macht.
Hinweis
Bei jungen Verlobten oder Ehegatten sollte der Vertragsgestalter aber vorsorglich dazu raten, auch Regelungen für den Fall zu treffen, dass ein Kind geboren wird, und für diesen Fall den Unterhalt nach § 1570 BGB vom Verzicht auszunehmen.
Rz. 482
Eingriffe in den Kernbereich der Scheidungsfolgen sind nach der Rspr. des BGH eher möglich, wenn sie durch andere Leistungen kompensiert werden.
Auch wenn mangels Kinderwunsches oder bei "verabredeter Kinderfreiheit" der Vertrag der Wirksamkeitskontrolle standhält, kann eine spätere Ausübungskontrolle dazu führen, dass sich der Begünstigte gegen den die Kinder erziehenden Elternteil auf den Verzicht nicht berufen kann.
Die Formulierung eines vollständigen Unterhaltsverzichtes kann wie folgt lauten.
Rz. 483
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Muster 18.16: Vollständiger Unterhaltsverzicht
(1) Für die Zeit nach einer etwaigen Scheidung unserer Ehe verzichten wir gegenseitig auf Unterhalt, auch für den Fall des Notbedarfs, gleichgültig, ob ein Unterhaltsanspruch gegenwärtig bereits erkennbar hervorgetreten ist oder nicht.
(2) Diesen Verzicht nehmen wir hiermit gegenseitig an.
(3) Der Verzicht gilt auch weiter im Fall einer Änderung der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften oder der Rspr.
(4) Wir wurden vom Notar über das Wesen des nachehelichen Unterhaltes und die Auswirkungen des Verzichtes eingehend belehrt. Wir wissen somit, dass jeder von uns für seinen eigenen Unterhalt sorgen muss.
a) Wir wurden insb. darauf hingewiesen, dass ein Unterhaltsverzicht je nach den Umständen des Einzelfalles sittenwidrig sein kann mit der Folge, dass nach einer Ehescheidung Unterhalt nach den gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren ist.
b) Ferner kann die Berufung auf einen Unterhaltsverzicht gegen Treu und Glauben verstoßen.
Für diesen Fall vereinbaren wir, soweit gesetzlich zulässig, dass Unterhalt höchstens in folgender Höhe zu leisten ist: ____________________...