Rz. 127
Neben der Bewertung ganzer Unternehmen sind im Zugewinn auch Unternehmensbeteiligungen zu bewerten. Hierzu gibt es verschiedene Methoden.
1. Direkte/indirekte Bewertung
a) Direkte Bewertung
Rz. 128
Bei der direkten Bewertung von Unternehmensanteilen wird der Anteilswert direkt aus den Zahlungsströmen zwischen dem Unternehmen und dem einzelnen Anteilsinhaber abgeleitet. Der Wert des Gesamtunternehmens ist in einem solchen Fall für den Anteilseigner von untergeordneter Bedeutung. Die Summe aller Anteilswerte kann anders ausfallen als der Unternehmenswert. Die direkte Methode findet v.a. Anwendung bei der Bewertung von Publikumsgesellschaften, bei denen dem einzelnen Gesellschafter nur Geschäftsberichte, aber keine Informationen über Jahresabschlüsse und Rechnungswesen zur Verfügung stehen.
b) Indirekte Bewertung
Rz. 129
Bei der indirekten Bewertung wird der Wert des Anteils quotal aus dem Wert des Gesamtunternehmens abgeleitet. Daher ist zunächst der Gesamtwert nach den vorstehend aufgezeigten Grundsätzen festzustellen. Aus der Höhe der Gewinnbeteiligung ergibt sich dann der Anteilswert. Diese Methode steht heute im Vordergrund. Der BGH hat diese Methode für die Anteilsbewertung gebilligt. Sie findet bei der Bewertung von Personen- und Kapitalgesellschaften Anwendung.
2. Objektivierter Wert/Subjektiver Wert
a) Objektivierter Wert
Rz. 130
Der objektivierte Wert des Unternehmensanteils entspricht dem quotalen Wertanteil am objektiven Gesamtwert des Unternehmens.
b) Subjektiver Wert
Rz. 131
Der subjektive Wert beinhaltet die Einschätzung des Wertes der Beteiligung an einem Unternehmen unter besonderer Berücksichtigung der individuellen persönlichen Verhältnisse des jeweiligen Anteilseigners. In diese Betrachtung werden der Einfluss des Anteilseigners auf die Unternehmenspolitik (Sperrminorität, Mehrheitsbeteiligung) und erwartete Synergieeffekte miteinbezogen. Während die betriebswirtschaftliche Bewertung und die Praxis solche Effekte durch Zu- und Abschläge berücksichtigen ("Paketzuschlag"), soll ihre Einbeziehung in die Bewertung bei der Errechnung einer gesellschaftsrechtlichen Abfindung wegen des Gleichbehandlungsgebotes der Gesellschafter nicht zulässig sein; demnach scheidet insb. ein Minderheitsabschlag nach ganz h.M. aus. Bei der Bewertung i.R.d. Zugewinnausgleichs steht dieses Gebot hingegen nicht im Raum, so dass die Bewertung solche Herrschaftsmöglichkeiten durchaus berücksichtigen kann.
3. Einfluss gesellschaftsvertraglicher Abfindungsklauseln
Rz. 132
Bei den Unternehmensbeteiligungen stellt sich schließlich für die Bewertung die Frage, wie i.R.d. Wertfeststellung mit einer nach dem Gesellschaftsvertrag unveräußerlichen Beteiligung oder einer solchen mit einem niedrigeren Abfindungswert umzugehen ist.
Rz. 133
Nach § 711 Abs. 1 BGB n.F., § 105 Abs. 3 HGB bedarf die Übertragung eines Anteils an einer Personengesellschaft der Zustimmung der anderen Gesellschafter. Eine solche Zustimmung kann antizipiert im Gesellschaftsvertrag oder ad hoc als Einwilligung oder Genehmigung erklärt werden. Anders im Kapitalgesellschaftsrecht: GmbH-Anteile sind zwar nach § 15 GmbHG grds. frei veräußerlich, nach der Satzung jedoch in der Praxis häufig vinkuliert, so dass dann auch keine freie Verfügbarkeit besteht.
Zudem sehen die Gesellschaftsverträge für den Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters sehr häufig Abfindungsbeträge vor, die weit unter dem Verkehrswert liegen, damit die Gesellschaft auch nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters ohne Liquiditätsprobleme fortgeführt werden kann.
Rz. 134
Nach der Rspr. kommt auch bei einer unveräußerlichen Beteiligung oder einer geminderten Abfindung grds. keine abweichende Bewertung in Betracht, da die fortbestehende Nutzungsmöglichkeit durch den Inhaber – jedenfalls im Bereich des Zugewinns – für den wahren Wert maßgeblich ist. Es sei nicht sachgerecht, den ausgleichungsberechtigten Ehegatten mit Verweis auf eine fiktive Kündigung oder einen fiktiven Erbfall nicht an diesem in der Ehe geschaffenen Wert teilhaben zu lassen. Außerdem könne die entsprechende Klausel auch zum Vorteil des Ausgleichsverpflichteten bei Ausscheiden eines anderen Gesellschafters Anwendung finden. Der BGH will also auch in diesen Fällen vom Vollwert des Gesellschaftsanteils ausgehen und die beschränkte Veräußerbarkeit allenfalls durch einen Wertabschlag berücksichtigen. Dieser muss nicht einmal sehr hoch sein; er richtet sich nach der Wahrscheinlichkeit, mit welcher der betroffene Gesellschafter mit einer Kündigung rechnen muss. Der Vollwer...