Rz. 151
Familienrechtliche Tendenz ist die Bildung eines "Güterrechts jenseits des Güterrechts mit den Mitteln des allgemeinen Vermögensrechts" zur ex-post Korrektur von Vermögenstransfers. Diese Tendenz macht die vorausschauende Gestaltung durch Verträge schwieriger und stellt den Anwalt i.R. einer Streitigkeit vor besondere Anforderungen an Sachverhaltsaufklärung und -bewertung. Deshalb sei hier neben den güterrechtlichen Ausführungen der Blick noch kurz auf die beiden Rechtsinstitute gerichtet, die auch im Unternehmensbereich von Bedeutung sind, da sich aus ihnen weitere Ansprüche begründen können.
1. Störung der Geschäftsgrundlage
Rz. 152
Die Rspr. hat in verschiedenen Sachverhaltskonstellationen Zuwendungen unter Ehegatten nicht als Schenkung eingeordnet, sondern als sog. unbenannte (oder ehebezogene) Zuwendungen. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass die Ehegatten subjektiv nicht über die Unentgeltlichkeit einig sind, sondern die Zuwendung "um der Ehe willen" erfolgt, d.h. als Beitrag zur Verwirklichung, Ausgestaltung, Erhaltung und Sicherung der ehelichen Lebensgemeinschaft.
Nach Auffassung des BGH kommt mit einer unbenannten Zuwendung ein familienrechtlicher Vertrag eigener Art zustande. Der Bestand der Ehe ist in diesen Fällen nicht Vertragszweck, sondern Geschäftsgrundlage. Scheitert nun die Ehe, so kann – jedenfalls theoretisch – wegen Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) ein Ausgleichsanspruch entstehen. Eine Rückforderung des zugewendeten Gegenstandes kommt jedoch – zumindest im gesetzlichen Güterstand – nur in besonderen Ausnahmefällen in Betracht, denn unbenannte Zuwendungen werden im Falle des Scheiterns der Ehe grds. allein güterrechtlich ausgeglichen. Ist eine solche Rückforderung ohne "Wenn und Aber" gewünscht, so muss sie bei der Zuwendung vereinbart werden.
Rz. 153
Darüber hinaus hat die Rspr. bei Mitarbeit zwar den Begriff der Zuwendung verworfen, aber einen familienrechtlichen Vertrag eigener Art angenommen, dessen Geschäftsgrundlage gleichfalls mit der Scheidung entfallen könne. Der BGH hat dies insb. für die Mitarbeit im Betrieb des Ehegatten von gewisser Dauer und Regelmäßigkeit und bei der Ersparnis einer anderen Arbeitskraft bejaht, auch bei einfacher oder untergeordneter Tätigkeit. Nach Ansicht des BGH begrenzt die Höhe der ersparten Arbeitskosten den Anspruch nach oben; ferner kann der mitarbeitende Ehegatte jedenfalls nur an dem Betrag beteiligt werden, der im Vermögen des anderen Ehegatten zum Zeitpunkt der Störung der Geschäftsgrundlage noch vorhanden ist.
Rz. 154
Voraussetzung für einen Anspruch auf Anpassung oder Rückgewähr ist eine umfassende Abwägung aller Gesamtumstände des Einzelfalles, wie Dauer der Ehe, Alter der Parteien im Zeitpunkt der Scheidung, Art und Umfang der erbrachten Leistungen, Leistungen des Zuwendungsempfängers in der und für die Ehe, Höhe der Vermögensvermehrung, Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Parteien.
Es geht also nicht nur um die isolierte Korrektur einer Einzelzuwendung, sondern um eine Gesamtkorrektur der ehelichen Vermögensverteilung – ein Ergebnis, das regelmäßig dem Willen solcher Vertragsparteien widerspricht, die Gütertrennung vereinbaren. Eine Erwähnung dieser Korrekturmöglichkeiten im Vertrag über die Gütertrennung erscheint daher ratsam.
Rz. 155
Für die Rechtsfolgen einer Scheidung im Hinblick auf die unbenannte Zuwendung ist darüber hinaus zu fragen, ob die güterrechtlichen Regelungen bereits zu einem für den Zuwendenden zumutbaren Ergebnis führen. Nur wenn dies nicht der Fall ist, kann die durch die Scheidung eingetretene Störung der Geschäftsgrundlage – im Ausnahmefall – zu Ansprüchen auf Anpassung oder gar Rückgewähr führen, da nach herrschender Auffassung die Zugewinnregelungen vorrangig sind. Insofern unterscheidet die Rspr.:
Haben die Ehegatten Gütertrennung vereinbart, so kommt ein Ausgleichsanspruch oder gar eine dingliche Rückforderung in Betracht, wenn die Beibehaltung der Vermögensverhältnisse, die durch eine Ehegattenzuwendung herbeigeführt worden sind, dem benachteiligten Ehegatten nach Treu und Glauben nicht zumutbar ist. Da in einem solchen Fall ein Ausgleichssystem des Zugewinns fehlt, sind nach der Rspr. die Voraussetzungen für Ansprüche aus Störung der Geschäftsgrundlage nicht sehr hoch.
Rz. 156
Im Güterstand der Zugewinngemeinschaft hingegen hat grds. der Zugewinnausgleich Vorrang und schließt eine Anwendung der Regeln über die Störung der Geschäftsgrundlage grds. aus. Nur in extremen Ausnahmefällen, in denen die güterrechtlichen Ausgleichsregelungen zu schlechthin unangemessenen und untragbaren Ergebnissen führen, sind diese Grundsätze anwendbar. Ansprüche aus einer Störung der Geschäftsgrundlage scheitern im gesetzlichen Güterstand jedoch regelmäßig am Vorrang des Zugewinnausgleichs.
Nach der Rspr. des BGH ist die Gr...