Dr. Oliver Brockmann, Dr. Michael Nugel
Rz. 44
Angesichts der zunehmenden Bedeutung des Umgangs mit den Daten, welche in modernen Fahrzeugen in wachsender Vielzahl entstehen und einen Personenbezug aufweisen können, haben die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder und der Verband der Automobilindustrie (VDA) eine gemeinsame Erklärung zu den datenschutzrechtlichen Aspekten bei der Nutzung von Kfz am 26.1.2016 abgegeben. Die Digitalisierung und insbesondere die Vernetzung bergen neben den unbestreitbaren Vorteilen für die Verkehrssicherheit und den Komfort zugleich auch Risiken für die Persönlichkeitsrechte der Fahrzeugnutzer. Die nachfolgenden datenschutzrechtlichen Gesichtspunkte werden daher von dieser gemeinsamen Erklärung erfasst und Empfehlungen ausgesprochen, die für den zukünftigen Umgang mit diesen Daten von besonderer Bedeutung sein können. Diese Grundsätze gelten erst Recht im Anwendungsbereich der DSGVO fort, welche die Rechte des Betroffenen nach den Art. 12 ff. DSGVO noch im erheblichen Umfang gestärkt hat. Im Folgenden werden daher die wichtigsten Grundsätze dieser Erklärung hervorgehoben.
1. Personenbezogenheit
Rz. 45
Bzgl. der wichtigen Weichenstellung für die juristische Beurteilung, ob es sich um personenbezogene Daten handelt, findet sich folgender Absatz:
Zitat
"Bei der Nutzung eines modernen Kraftfahrzeugs wird permanent eine Vielzahl von Informationen erzeugt und verarbeitet. Insbesondere bei Hinzuziehung weiterer Informationen können die anfallenden Daten auf den Halter oder auch auf den Fahrer und Mitfahrer zurückführbar sein und Informationen über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmbaren Person enthalten. Die bei der Kfz-Nutzung anfallenden Daten sind jedenfalls dann personenbezogen im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG), wenn eine Verknüpfung mit der Fahrzeugidentifikationsnummer oder dem Kfz-Kennzeichen vorliegt."
Rz. 46
Das bei einer solchen Verknüpfung zwischen Halter bzw. Fahrer und dem Fahrzeug über die FIN oder das Kennzeichen personenbezogene Daten vorliegt entspricht auch dem schon zuvor dargestellten Meinungstand in der Literatur und Rechtsprechung.
2. Zeitpunkt der Datenerhebung
Rz. 47
Die gemeinsame Erklärung setzt eine gezielte "Weichenstellung" bei der Beurteilung datenschutzrechtlicher Aspekte durch die Unterscheidung zwischen "Online-" und "Offline-"Autos mit unterschiedlichen Wegen und Umfängen der Datenspeicherung:
Zitat
"Entscheidend ist der Zeitpunkt der Datenerhebung durch eine verantwortliche Stelle im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes. Hier ist zu unterscheiden, ob es sich um Kraftfahrzeuge handelt, bei denen eine Datenspeicherung innerhalb des Fahrzeugs stattfindet ("offline"), oder ob eine Übermittlung von Daten aus dem Fahrzeug heraus erfolgt ("online"), wie etwa bei der Übermittlung und Speicherung von Fahrzeugdaten auf Backend-Servern."
Diese Unterscheidung ist sachgerecht, denn mit ihr kann den unterschiedlichen Sachverhalten und technischen Voraussetzungen Rechnung getragen werden, die im Einzelfall auch unterschiedlich rechtlich zu bewerten sein können. Darauf aufbauend findet sich dann folgende weitere Empfehlung:
Zitat
"Bei "Offline"-Autos ist von einer Datenspeicherung ohne vorherige Erhebung auszugehen. Eine Erhebung liegt mangels Erfüllung des Tatbestandes des § 3 Abs. 3 BDSG nicht vor; gleichwohl fallen anlässlich der Kfz-Nutzung Daten an, die im Fahrzeug abgelegt werden. Diese Daten müssen geschützt werden und machen – vergleichbar der Regelung in § 6c BDSG (Mobile personenbezogene Speicher- und Verarbeitungsmedien) – auch eine Sicherung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung erforderlich. Erst wenn die im Fahrzeug abgelegten Daten z.B. von einer Werkstatt für Reparaturzwecke ausgelesen werden, kommt es zu einer Erhebung durch eine verantwortliche Stelle nach § 3 Abs. 3 BDSG."
Bei "Online"-Autos findet bereits im Zeitpunkt der Datenkommunikation aus dem Fahrzeug heraus eine Erhebung durch eine verantwortliche Stelle im Sinne des § 3 Abs. 3 BDSG statt.“
Rz. 48
Die Feststellung, dass bei einer "Onlineübertragung" bereits personenbezogene Daten verwendet werden, ist überzeugend und daraus ergeben sich weitere Anforderungen gegenüber dem Erhebenden als verantwortliche Stelle.
Dass dies bei Offline-Autos erst einmal nicht der Fall sein soll, kann aber kritisch diskutiert werden. Diese Hinweise erfolgen ja ohnehin zu den damaligen Begrifflichkeiten des BDSG a.F. und es gab damals schon gewichtige Argumente, die dafür sprechen, dass es sich bereits um eine Erhebung von personenbezogenen Daten im Sinne des § 3 Abs. 3 BDSG a.F. handelt. Zunächst lässt sich die Personenbezogenheit der durch die Bordelektronik aufgezeichneten Daten durch die relativ einfache Bestimmung des Halters, sogar des Fahrers annehmen, ...