Dr. Oliver Brockmann, Dr. Michael Nugel
Rz. 19
Die vorerwähnte Gesetzgebung ist in ihrer Gültigkeit auf die USA beschränkt. Dort sind ca. 96 % der Pkw Fahrzeugflotte (Stand 2013) mit EDR ausgestattet, die mittels des Bosch CDR-Tools oder einem anderen Werkzeug auslesbar sind. Ca. 80 % entfallen davon auf das Bosch CDR-Tool. Daneben stellt die Hyundai Kia Automotive Group ein eigenes proprietäres Auslesewerkzeug zur Verfügung, mit dem aus Fahrzeugen der Marken Hyundai und Kia EDR-Daten ausgelesen werden können.
Rz. 20
Die Unterstützung für eine Auslesung ist rein rechtlich gesehen gegenwärtig für einen Fahrzeughersteller wie vorerwähnt nur dann verpflichtend, wenn das Fahrzeug einen EDR enthält und in den USA verkauft werden soll.
Dennoch haben eine Reihe von Herstellern die CDR-Unterstützung bzw. EDR-Auslesbarkeit auch für Fahrzeuge freigegeben, die nicht für den US Markt bestimmt sind. So werden einige Fahrzeuge für den gesamten NAFTA Raum (USA, Canada, Mexiko) unterstützt. Hersteller wie FCA, GM, Toyota, Volvo und Hyundai/Kia haben in einigen oder allen Fahrzeugen weltweit den Zugriff auf den Inhalt der EDR Systeme aktiviert. So können z.B. weltweit alle Fahrzeuge der Marke Toyota ab dem Modelljahr 2002 mit dem CDR-Tool ausgelesen werden.
Das folgende Bild gibt einen Überblick über die historische Entwicklung der Unterstützung für Fahrzeuge verschiedener Marken bis zum Jahr 2015.
Abb. 18.2: CDR-Unterstützung bei verschiedenen Marken
Die Zugriffsmöglichkeiten auf die Daten in EDR Systemen haben sich seither stetig verbessert. Insbesondere sind beispielsweise Fahrzeuge des Volkswagen Konzerns (VW, Audi, Seat, Skoda) ab dem Modelljahr 2018 mit dem CDR-Tool auslesbar. Zudem sind weiterhin europäische Fahrzeuge der Marken Hyundai und Kia in der überwiegenden Anzahl mit dem proprietären EDR Auslesewerkzeug des Herstellers (GIT-Tool) auslesbar. Auch die Firma Tesla bietet für ihre Fahrzeuge die Auslesung der EDR Systeme mit einem eigenen Werkzeug an. Bei Fahrzeugen der Marke Opel war der Zugriff auf die Daten in den EDR für einige Zeit frei möglich, neuerdings sind die EDR Systeme aber nur noch über einen Sicherheitszugriff auslesbar.
In der EU ist durch die neuen Regelungen in der General Safety Regulation mit einer verpflichtenden Ausrüstung von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen (M1, N1) mit EDR Systemen ab dem Modelljahr 2022 für neue Typen und ab dem Modelljahr 2024 für alle neuen Fahrzeuge zu rechnen. Dies soll ab dem Modelljahr 2025 auf neue Modelle der Fahrzeugklassen M2, N2, M3 und N3 ausgedehnt werden. Die Datenelemente für die Europäischen EDR Systeme sind noch nicht endgültig definiert, es ist jedoch davon auszugehen, dass diese (zunächst) sehr ähnlich zu den Datenelementen aus der US Gesetzgebung sein werden.
Neben der Einführung von EDR Systemen in der EU werden in der Zukunft auch DSSAD (Data Storage System for Automated Vehicle) Systeme zu betrachten sein. Während EDR Systeme auf die Speicherung von Informationen zum Hergang von Verkehrsunfällen dienen, zielen diese Systeme für hochautomatisierte Fahrzeuge (ab Level 3) auf die Dokumentation der Fahrereigenschaft. So soll stets rekonstruierbar sein, ob ein Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt vom menschlichen Fahrer oder einem System geführt wurde. Die genaue technische Ausgestaltung von DSSAD Systemen ist derzeit jedoch noch unklar.
Rz. 21
Mit der zunehmenden Anzahl technisch auslesbarer EDR Systeme geht eine Steigerung der Komplexität in Hinblick auf die Wahl des Auslesewerkzeugs und der Auslesemethodik einher. Die Frage, ob ein Fahrzeug einen frei zugänglichen EDR ("public EDR") oder einen zugriffsgeschützten EDR ("private EDR") enthält und mit welchem Werkzeug auf welchem Wege ein Zugriff auf die Daten möglich ist, kann nicht mehr einfach beantwortet werden und selbst sachverständige sind insoweit auf weitere Recherchemöglichkeiten angewiesen. Die Internetdatenbank EDRfinder bietet hierzu detaillierte Recherchefunktionen und liefert u.a. Informationen zu allen derzeit verbauten EDR Systemen und den entsprechenden Zugriffsmöglichkeiten, sowie Beispieldaten.