Rz. 3

Es gelten die §§ 104 ff. BGB über die Geschäftsfähigkeit. Der Abschluss eines Arbeitsvertrages durch einen Geschäftsunfähigen ist nach § 105 Abs. 1 BGB nichtig. Statt seiner können wirksam nur seine gesetzlichen Vertreter einen Arbeitsvertrag für ihn schließen. Die Wirksamkeit eines Arbeitsvertrages, den ein beschränkt Geschäftsfähiger geschlossen hat, setzt die vorherige Einwilligung des gesetzlichen Vertreters voraus, § 107 BGB. Fehlt sie bei Vertragsabschluss, hängt die Wirksamkeit des Vertrages von der Genehmigung durch den gesetzlichen Vertreter ab, § 108 Abs. 1 BGB.

 

Rz. 4

Ist der gesetzliche Vertreter ein Vormund, bedarf seine eigene Willenserklärung der Genehmigung durch das Vormundschaftsgericht, wenn er für den vertretenen Mündel einen "Lehrvertrag" für eine längere Zeit als ein Jahr oder einen Arbeitsvertrag schließen will, der diesen "zu persönlichen Leistungen für längere Zeit als ein Jahr verpflichtet" (§ 1822 Nr. 6, 7 BGB). Erfasst werden von § 1822 Nr. 6 BGB damit die meisten Ausbildungsverträge nach dem BBiG, weil sie i.d.R. länger als ein Jahr dauern und nach Ablauf der dreimonatigen Probezeit auch vom Auszubildenden nur nach Maßgabe des § 22 Abs. 2 BBiG gekündigt werden können.

 

Rz. 5

Unter § 1822 Nr. 7 BGB fallen Verträge, die entweder auf längere Zeit als ein Jahr befristet sind, ohne eine Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung vorzusehen, oder die auf unbestimmte Zeit geschlossen, aber für den Arbeitnehmer länger als ein Jahr lang nicht ordentlich kündbar sind. Gem. § 1829 BGB hängt die Wirksamkeit eines ohne vorherige Zustimmung des Vormundschaftsgerichtes geschlossenen Vertrages von der nachträglichen Genehmigung ab. Versagt es schließlich die Genehmigung, ist der Vertrag nichtig. Ob er zumindest für den genehmigungsfrei eingehbaren Jahreszeitraum gilt, richtet sich nach § 139 BGB (BGH v. 7.2.1962 – VIII ZR 161/61, BB 1962, 389 = NJW 1962, 734).

 

Rz. 6

Ist das Jugendamt Amtsvormund des Minderjährigen, so bedürfen die von ersterem abgeschlossenen Verträge keiner gerichtlichen Genehmigung (§ 56 Abs. 2 S. 2 SGB VIII).

 

Rz. 7

Minderjährige können von ihrem gesetzlichen Vertreter gem. § 113 Abs. 1 BGB ermächtigt werden, "in Dienst oder in Arbeit zu treten". In diesem Fall sind sie "für solche Rechtsgeschäfte unbeschränkt geschäftsfähig, die die Eingehung oder Aufhebung eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses der gestatteten Art oder die Erfüllung der sich aus einem solchen Verhältnis ergebenden Verpflichtungen betreffen".

 

Rz. 8

Der gesetzliche Vertreter kann die erteilte Genehmigung gem. § 113 Abs. 2 BGB jederzeit zurücknehmen oder einschränken. Die Zurücknahme und die Einschränkung sind ggü. dem Minderjährigen zu erklären (BAG v. 19.7.1974 – 5 AZR 517/73, DB 1974, 2062; Grüneberg/Ellenberger, § 113 Rn 1), sie wirken ex nunc, sodass vorherige Rechtsgeschäfte des Minderjährigen wirksam bleiben (BAG v. 8.6.1999 – 3 AZR 71/98, NZA 2000, 34 = BB 2000, 567).

 

Rz. 9

Für den Umfang der erteilten Ermächtigung wird der Minderjährige unbeschränkt geschäftsfähig. Von der generellen Genehmigung werden dabei nur die verkehrsüblichen und die nicht außergewöhnlichen Rechtsgeschäfte im Zusammenhang mit der Begründung und/oder Aufhebung eines Arbeitsverhältnisses erfasst (zu Einzelheiten vgl. Brill, BB 1975, 284). Demzufolge darf der Minderjährige Arbeitsbedingungen samt Nebenabreden aushandeln und den Vertrag selbstständig abschließen. Tarifvertraglich vorgesehene Gestaltungsmöglichkeiten sind ebenfalls i.d.R. als verkehrsüblich anzusehen (BAG v. 8.6.1999 – 3 AZR 71/98, NZA 2000, 34 = BB 2000, 567). Die Ermächtigung deckt weiterhin den Eintritt in eine Gewerkschaft (LG Essen v. 18.3.1965 – 11 T 633/64, AP Nr. 3 zu § 113 BGB) und Vergleiche über Schadensersatzansprüche sowie die Erteilung von Ausgleichsquittungen (LAG Hamm v. 8.9.1970 – 3 Sa 481/70, DB 1971, 779).

 

Rz. 10

Die Ermächtigung deckt nicht die Aufnahme eines Darlehens bei einer Gewerkschaft (LG Münster v. 10.10.1967 – 5 T 500/67, FamRZ 1968, 206) oder den Abschluss eines Aufhebungsvertrages durch eine minderjährige Schwangere (LAG Bremen v. 15.10.1971 – 1 Sa 90/71, DB 1971, 2318). Die generelle Ermächtigung umfasst weiterhin nicht das Eingehen von Berufsausbildungsverträgen, da hier die Person des Vertragspartners eine zu bedeutende Rolle spielt (ErfK/Preis, § 113 BGB Rn 6; Schaub/Linck, ArbRHB, § 32 Rn 30). Das BAG hat offengelassen, ob der Abschluss eines Berufsausbildungsvertrages unter die Vorschrift des § 113 Abs. 1 BGB fällt (BAG v. 8.12.2011 – 6 AZR 354/10, juris). Die Abrede eines Wettbewerbsverbotes mit Minderjährigen ist nichtig (§§ 110 GewO, 74a Abs. 2 S. 1 HGB).

 

Rz. 11

Für Minderjährige bestehen überdies bestimmte Beschäftigungsverbote nach dem JArbSchG. Sie berühren die Wirksamkeit des Vertrages als solche nicht.

 

Rz. 12

Sofern das Arbeitsverhältnis mit dem geschäftsunfähigen oder beschränkt geschäftsfähigen Arbeitnehmer in Vollzug gesetzt worden ist und sich nachträglich die Unwirksamkeit des Vertrages herausstellt, bestimmen sich die Recht...

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