I. Ausschreibung und Bewerbung, § 11 AGG
Rz. 78
Gem. § 11 AGG darf ein Arbeitsplatz nicht unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AGG ausgeschrieben werden. Eine geschlechtsbezogene Stellenanzeige, die ausschließlich an männliche Bewerber gerichtet ist, benachteiligt eine den fachlichen Qualifikationen der Ausschreibung gerecht werdende Bewerberin und verstößt somit gegen § 11 AGG i.V.m. § 7 Abs. 1 AGG (OLG Karlsruhe v. 13.9.2011 - 17 U 99/10). Der gleiche Verstoß liegt bei einem Bewerbungsgespräch vor, wenn gegen eine den fachlichen Qualifikationen der Ausschreibung gerecht werdende Bewerberin eine diskriminierende Aussage getätigt wird (ArbG Stuttgart v. 5.9.2007 – 29 Ca 2793/07). Der Arbeitgeber kann dieser Pflicht auch nicht entgehen, indem er sich zur Stellenausschreibung eines Dritten bedient. Bedient er sich z.B. der BA und verletzt diese die Pflicht zur geschlechtsneutralen Stellenausschreibung, so ist dem Arbeitgeber dieses Verhalten i.d.R. zuzurechnen (BAG v. 5.2.2004 – 8 AZR 112/03).
Beispiel
Wird in einer Stellenanzeige ein "junger" Bewerber oder eine "junge" Bewerberin gesucht, so besteht grds. die Vermutung, dass ein abgelehnter Bewerber wegen seines Alters benachteiligt worden ist. Ein Indiz für eine solche Benachteiligung ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn ein anderer deutlich jüngerer Bewerber eingestellt worden ist (BAG v. 19.8.2010, NZA 2010, 1416).
II. Maßnahmen und Pflichten des Arbeitgebers, § 12 AGG
Rz. 79
Gem. § 12 AGG ist der Arbeitgeber verpflichtet, alle erforderlichen Maßnahmen zum Schutz seiner Beschäftigten vor Benachteiligungen zu treffen. Hierzu zählen ausdrücklich auch präventive Maßnahmen gegen Benachteiligungen am Arbeitsplatz. Diese Verpflichtung kann der Arbeitgeber durch Schulungen seiner Beschäftigten erfüllen (ErfK/Schlachter. AGG, § 12 Rn 2). In welchem Ausmaß solche Schulungen stattfinden sollen, hängt von der Größe des Betriebes ab. Eine detaillierte Rechtsberatung ist nicht erforderlich (Grobys, NJW 2006, 2950, 2952). Führt der Arbeitgeber solche Schulungen durch, erfüllt er seine Pflicht nach § 12 Abs. 1 AGG. Es empfiehlt sich daher eine schriftliche Dokumentation der Schulungen, vor allem auch die Führung einer Teilnehmerliste. Da im Gesetz von Schulungen i.R.d. Aus- und Fortbildung die Rede ist, ist daraus zu schließen, dass diese ebenfalls in einem bestimmten Rhythmus zu erfolgen haben.
Rz. 80
Zu den erforderlichen Maßnahmen gehören aber auch repressive Maßnahmen (§ 12 Abs. 3 AGG). Im Fall eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot hat der Arbeitgeber erforderliche und angemessene Maßnahmen zur Unterbindung der Benachteiligung zu treffen. Solche Maßnahmen können eine Abmahnung, Umsetzung, Versetzung oder eine Kündigung der Benachteiligenden sein. Welche Maßnahmen jeweils geboten sind, kann je nach Größe des Betriebes unterschiedlich zu beurteilen sein (BT-Drucks 16/1780, 37). Zudem ist auch die Schwere des Verstoßes zu berücksichtigen (vgl. Eufinger, RdA 2017, 223 ff.). Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Beschwerden i.S.d. § 13 AGG nachzugehen und ggf. den Verdacht der Benachteiligung aufzuklären, indem er den Sachverhalt sorgfältig hinterfragt und dabei nach Möglichkeit die Beteiligten anhört (Göpfert/Siegrist, ZIP 2006, 1710). Solche Beschwerden sind an die sog. Beschwerdestellen zu richten. Wo oder wer diese Beschwerdestelle im jeweiligen Betrieb ist, hat der Arbeitgeber bekannt zu machen. Dies kann durch Aushang oder Auslegung an geeigneter Stelle oder durch die im Betrieb oder der Dienststelle übliche Informations- und Kommunikationstechnik erfolgen.