Rz. 54
Der Anspruch nach § 9 TzBfG besteht nicht, wenn der Arbeitsplatz, auf dem der Teilzeitbeschäftigte die Weiterbeschäftigung mit verlängerter Arbeitszeit begehrt, kein entsprechender freier Arbeitsplatz i.S.v. § 9 S. 1 Nr. 1 TzBfG ist. Wann ein Arbeitsplatz frei ist, hat der Gesetzgeber in Satz 2 der Neuregelung nun näher erläutert: "Ein freier zu besetzender Arbeitsplatz liegt vor, wenn der Arbeitgeber die Organisationsentscheidung getroffen hat, diesen zu schaffen oder einen unbesetzten Arbeitsplatz neu zu besetzen."
Rz. 55
Entsprechend ist der Arbeitsplatz nur dann, wenn er den Arbeitszeitwünschen des teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht. Das ist keineswegs nur eine Selbstverständlichkeit, wie man meinen könnte, weil doch der Teilzeitbeschäftigte durch seine Bewerbung anzeigt, dass der begehrte Arbeitsplatz seinen Wünschen entspricht. Aus dem Kriterium der Entsprechung lässt sich jedoch folgern, dass der Arbeitnehmer den freien Arbeitsplatz nur so beanspruchen kann wie er vom Arbeitgeber angeboten wird. Schreibt der Arbeitgeber beispielsweise eine Vollzeitstelle aus, so ist diese Stelle keine "entsprechende", falls der Teilzeitbeschäftigte seine Arbeitszeit auf nur 30 Stunden erhöhen möchte. Der Vorzugsanspruch besteht dann nicht. Insbesondere ist der Arbeitgeber nicht wegen § 9 TzBfG verpflichtet, den angebotenen Arbeitsplatz nun an die Wünsche des Arbeitnehmers anzupassen. Deshalb muss auch der Arbeitgeber in einem Filialbetrieb, in dem Arbeit besonders am Vormittag anfällt, eine neue Teilzeitstelle nicht für den Nachmittag ausschreiben, nur damit eine bereits vorhandene Teilzeitkraft zusätzlich auch am Nachmittag arbeiten kann.
Rz. 56
Vergleichbares gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer gar keine andere Stelle begehrt, sondern seine Arbeitszeit auf seinem bisherigen Arbeitsplatz aufstocken möchte. Er kann den Anspruch auf bevorzugte Berücksichtigung auch insoweit besitzen; das setzt aber voraus, dass der Arbeitgeber die Stelle überhaupt mit erweiterter Arbeitszeit anbieten möchte. § 9 TzBfG gewährt – anders als umgekehrt § 8 TzBfG für die Arbeitszeitreduzierung – keinen Anspruch auf eine Neuorganisation der Stelle. Seit der Gesetzesnovelle stellt § 9 S. 2 TzBfG ausdrücklich klar, dass die Organisationsentscheidung allein beim Arbeitgeber liegt. Sie darf nur nicht zur Umgehung des § 9 TzBfG genutzt werden, sondern muss letztlich von arbeitsplatzbezogenen Sachgründen getragen sein.
Rz. 57
Ist daher ein Teilzeitarbeitsplatz vakant und richtet der Arbeitgeber darüber hinaus noch einen weiteren Teilzeitarbeitsplatz mit denselben Aufgaben ein, den er nun ausschreibt, so ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, beide Teilzeitarbeitsplätze zu einem Vollzeitarbeitsplatz zusammenzulegen. Ganz allgemein ist der Arbeitgeber nicht dazu verpflichtet, einen neuen Arbeitsplatz einzurichten, wie sich aus der Notwendigkeit des freien Arbeitsplatzes ergibt.
Rz. 58
Wird eine Position frei, auf die sich der Teilzeitbeschäftigte bewirbt, kann der Arbeitgeber den Arbeitsplatz auch unbesetzt lassen. § 9 TzBfG fordert lediglich eine bevorzugte Berücksichtigung bei der Besetzung des Arbeitsplatzes, verschafft dem Teilzeitbeschäftigten aber keinen Anspruch darauf, dass eine freie Position auch tatsächlich neu besetzt wird. Die Entscheidung des Arbeitgebers, eine Stelle zu besetzen oder in ihrem zeitlichen Zuschnitt zu ändern (z.B. Reduzierung auf eine Teilzeitstelle), unterliegt seiner unternehmerischen Entscheidungsfreiheit und ist deshalb gerichtlich nicht überprüfbar. Überprüfbar ist lediglich, ob eine solche Entscheidung tatsächlich existiert, ob sie also gefasst und umgesetzt wurde. Darüber hinaus kann allenfalls eine Missbrauchskontrolle stattfinden.
Rz. 59
Nach wohl herrschender Auffassung beinhaltet die Entsprechungsklausel neben der zeitlichen und der organisatorischen Komponente auch noch eine inhaltliche: Der Teilzeitbeschäftigte muss für die Besetzung der Stelle in Betracht kommen. Er muss für den freien Arbeitsplatz qualifiziert sein. Einzelheiten zum Maßstab für die Qualifikation werden auf vielfältige Weise beschrieben und letztlich noch unbefriedigend klar abgegrenzt, wenngleich wohl weitgehend unumstritten. Gleichsam das Mindeste ist die Eignung des Bewerbers nach seiner Ausbildung und beruflichen Qualifikation. Genügen diese nicht, ist die begehrte Besetzung des Arbeitsplatzes mit dem Bewerber gar nicht wirklich möglich und jedenfalls nicht geschuldet. Eine Einarbeitungszeit ist allerdings hinzunehmen.
Rz. 60
Im Übrigen wird einerseits betont, es müsse eine arbeitsplatzbezogene, nicht eine arbeitsvertragsbezogene Vergleichbarkeit der bisherigen und der begehrten neuen Stelle gegeben sein. Andererseits soll es darauf ankommen, ob der Arbeitgeber in der Lage wäre, dem Teilzeitbeschäftigten den neuen Arbeitsplatz auch im Wege des Direktionsrechts zuzuweisen. Trotz unterschiedlicher Formulierungen entspricht es aber wohl einhelliger Meinung, dass der Arbeitgebe...