Rz. 41
Nach § 9 TzBfG hat der Arbeitgeber einen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer bevorzugt zu berücksichtigen, wenn ihm – neben weiteren Voraussetzungen – der Arbeitnehmer seinen Wunsch nach einer Verlängerung seiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit angezeigt hat. Seit dem 1.1.2019 bedarf diese Anzeige der Textform.
Rz. 42
Trotz desselben Begriffs, nunmehr (anders als bis 2022) derselben Formvorgabe und des engen inhaltlichen Zusammenhangs handelt es sich bei der Anzeige nach § 9 TzBfG um eine andere Anzeige als in § 7 Abs. 3 TzBfG.
In § 9 TzBfG geht es um die Besetzung einer konkreten Stelle, in § 7 Abs. 2 und 3 TzBfG hingegen darum, dass die Arbeitsvertragsparteien überhaupt in einen Austausch über einen Änderungswunsch des Arbeitnehmers betreffend seine Arbeitszeit kommen. Die Pflichten zur Erörterung, Information und begründeten Antwort nach § 7 TzBfG werden bereits durch einen relativ allgemein gehaltenen Wunsch des Arbeitnehmers ausgelöst. Dagegen soll der Anspruch auf Bevorzugung nach § 9 TzBfG nur dann bestehen, wenn der Arbeitnehmer seinen Arbeitszeitwunsch so konkret geäußert hat, dass der Arbeitgeber mit einem bloßen "Ja" die Vertragsänderung herbeiführen kann. Hiernach muss der Wunsch im Sinne eines konkreten Vertragsangebots formuliert sein. Es handelt sich also um noch mehr als eine interne Bewerbung. Insoweit wäre jedenfalls das Textformerfordernis plausibel.
Rz. 43
Hiernach wären also die Anzeige i.S.v. § 7 Abs. 3 TzBfG und die Anzeige nach § 9 TzBfG voneinander verschieden, obwohl das in der Gesetzesformulierung nicht zum Ausdruck kommt. Weil die soeben skizzierten strengen Anforderungen an die Anzeige nach § 9 TzBfG der ständigen Rechtsprechung des BAG entsprechen, folgt die Darstellung in diesem Buch dieser Auffassung, obwohl sie zweifelhaft erscheint. Aus unserer Sicht liegt es näher, auch für die Anzeige nach § 9 TzBfG einen eher allgemein gehaltenen (allerdings in Textform formulierten) Wunsch des Arbeitnehmers genügen zu lassen. Wünscht der Arbeitnehmer eine Erhöhung seiner vertraglichen Arbeitszeit und entspricht eine konkret zu besetzende Stelle diesem Wunsch, löst der Wunsch die Rechtsfolgen des § 9 TzBfG aus; Information, Erörterung und begründete Antwort nach § 7 Abs. 2 und 3 TzBfG sind dann obsolet. Entspricht hingegen keine konkret zu besetzende Stelle dem Wunsch, bleibt es (allein) bei der Rechtsfolge des § 7 TzBfG. Dies gilt ohnehin, wenn sich der Wunsch auf eine andere Veränderung der Arbeitszeit als die Verlängerung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit bezieht, denn insoweit ist der Tatbestand des § 7 TzBfG (Veränderung von Dauer oder Lage oder von Dauer und Lage) deutlich weiter als der des § 9 TzBfG (Verlängerung).
Rz. 44
Auch nach der herrschenden Auffassung ist der Anspruch nach § 9 TzBfG aber wohl nicht zwingend zweistufig aufgebaut. Es bedarf nicht unbedingt erst der Anzeige eines (allgemeinen) Verlängerungswunschs nach § 7 TzBfG und dann einer konkretisierten Bewerbung auf eine konkrete Stelle. Vielmehr genügt die Bewerbung i.S.v. § 9 TzBfG. Bedarf der Arbeitnehmer der Information nach § 7 Abs. 2 TzBfG überhaupt nicht (weil er sie schon hat), kann er sich also ohne vorherige Anzeige eines abstrakten Wunschs direkt auf eine konkrete Stelle mit längerer Arbeitszeit bewerben. Er ist dann nach Maßgabe von § 9 TzBfG bevorzugt zu berücksichtigen.
Rz. 45
Anders als für die Anzeige i.S.v. § 7 Abs. 2 und 3 TzBfG genügt für die Anzeige/Bewerbung i.S.v. § 9 TzBfG nach der zweifelhaften herrschenden Meinung inhaltlich nicht bereits die Anzeige eines unbestimmten bloßen Wunschs nach Verlängerung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit. Da § 9 TzBfG als Rechtsfolge die Pflicht des Arbeitgebers enthält, den Arbeitnehmer bei Besetzung eines "entsprechenden freien Arbeitsplatzes" bevorzugt zu berücksichtigen, muss der Arbeitnehmer seinen Wunsch auf diesen Arbeitsplatz hin konkretisieren. Ausreichend ist insoweit – anders als in § 7 Abs. 2 und 3 TzBfG – nicht bereits der bloße und eher allgemeine Wunsch nach Veränderung.
Rz. 46
Die Anzeige i.S.v. § 9 TzBfG – also die Bewerbung – muss nicht begründet werden.
Rz. 47
Die Anzeige ist empfangsbedürftig. Sie muss "dem Arbeitgeber" zugehen. Bei natürlichen Personen ist das der natürliche Arbeitgeber. Bei juristischen Personen handelt es sich um die vertretungsberechtigten Personen des vertretungsberechtigten Organs. So kann die Anzeige bei einer Aktiengesellschaft nur dem Vorstand zugeleitet werden, nicht jedoch dem Aufsichtsrat. Zu weitgehend ist hingegen die Ansicht, der Arbeitgeber müsse sich jegliche Kenntnis auch anderer Arbeitnehmer zurechnen lassen, solange es sich nur um Vorgesetzte handele. Dem Arbeitgeber steht jedoch frei, Vertreter im Empfang zu benennen. Ist dies nicht ausdrücklich erfolgt, so kann auf die tatsächliche Handhabung im Betrieb abgestellt werden. Ist beispielsweise jeder Sachbearbeiter in der Personalabteilung berechtigt, Urlaubsanträge mit Wirkung gegen den Arbeitgeber entgegenzunehmen, so kann ih...