Rz. 11
Umstritten ist die Vererblichkeit eines Abfindungsanspruchs, wenn der Arbeitnehmer vor dem vereinbarten Ende des Arbeitsverhältnisses, aber nach dem Abschluss der Vereinbarung verstirbt.
a) Vertragliche Ansprüche
Rz. 12
Im Vordergrund steht die Frage, wann der Anspruch auf Abfindung entsteht oder entstanden ist. Jeder Fall ist gesondert zu betrachten und genau zu berücksichtigen, wie die Vertragsformulierungen im Vergleich lauten. Die Parteien können frei entscheiden, ab welchem Zeitpunkt sie den Anspruch als entstanden qualifizieren wollen.
Rz. 13
Im Umgang mit diesen Abfindungsregelungen wurden in der Rechtsprechung teilweise gleiche Formulierungen in den Vergleichen unterschiedliche bewertet: Das LAG Köln meint, ein vererblicher Abfindungsanspruch könne generell nur dann entstehen, wenn der Arbeitnehmer das Ende des Arbeitsverhältnisses überlebe. Eine andere Auffassung sieht die Vererblichkeit nur dann als möglich an, wenn nur noch die Auszahlung erfolgen muss. Das LAG Düsseldorf urteilte, dass eine vornehmlich der Absicherung des Arbeitnehmers dienende ratierliche Abfindungsregelung nicht auf die Erben übergeht.
Rz. 14
Auch das BAG hat in einigen älteren Entscheidungen im Wortlaut vergleichbare Vereinbarungen unterschiedlich beurteilt. So ging auch das BAG in einer Entscheidung davon aus, dass es Voraussetzung für die Übertragbarkeit der Abfindung sei, dass der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch lebe. Dies gelte insbesondere dann, wenn die Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes und zur sozialen Absicherung gezahlt werde. Endet das Arbeitsverhältnis demzufolge vor dem angedachten Termin durch Tod des Arbeitnehmers, entsteht der Anspruch nicht und der Abfindungsanspruch ist demzufolge auch nicht vererblich. Hiermit wurde eine frühere Entscheidung des BAG revidiert, wonach gerade das Erleben des Vertragsendes nicht gefordert wurde.
Rz. 15
Nachfolgend hat die Rechtsprechung des BAG – auch unter Beachtung zutreffender Kritik in der Literatur – eine klare Linie herausgearbeitet: Entscheidend für die Übertragbarkeit des Anspruchs ist, zu welchem Zeitpunkt der Anspruch auf die Abfindung entstanden ist. Dies hat das BAG in einer Entscheidung deutlich gemacht. Hier hatte ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2000 gekündigt. Während des Kündigungsschutzprozesses einigten sich die Parteien auf eine Abfindung von 24.000 EUR und einem Beendigungszeitpunkt zum 31.12.2000. Kurz nach Abschluss des Vergleichs und vor Ende des Beschäftigungsverhältnisses verstarb der Arbeitnehmer. Das BAG urteilte, dass die Erben einen Anspruch auf Auszahlung der Abfindung haben, denn entscheidend sei, dass der Anspruch entstanden ist. Schuldrechtliche Ansprüche dieser Art entstehen i.d.R. bereits mit Abschluss des Vertrages, so dass es auch nicht entscheidend sei, ob der Arbeitnehmer die Leistung bereits jetzt verlangen kann. Besonderheiten gelten nur dort, wo eine aufschiebende Bedingung vereinbart ist. Demzufolge kann es grundsätzlich nicht entscheidend sein, ob der Arbeitnehmer das Ende des Arbeitsverhältnisses noch erlebt, es sei denn eine aufschiebende Bedingung wurde vereinbart.
Rz. 16
Für den Berater des Arbeitnehmers gilt es folglich den Abfindungsanspruch zu sichern und Zweifel in den Vergleichsformulierungen zu vermeiden. Vorsorglich sollte daher der Zeitpunkt für das Entstehen des Anspruchs klar definiert und unmissverständlich vor den Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses gezogen werden. Ausreichend hierfür ist schon die Formulierung im Vergleichstext:
"Der Anspruch auf Zahlung der Abfindung ist mit Abschluss des Vergleichs entstanden und vererblich."
b) Abfindung nach § 1a KSchG
Rz. 17
Im Einklang mit dieser Rechtsprechung steht auch das Urteil des BAG aus dem Jahr 2007, wobei Grundlage dieser Entscheidung eine Kündigung nach § 1a KSchG war. § 1a KSchG gibt dem Arbeitgeber die Möglichkeit, durch ordentliche betriebsbedingte Kündigung das Arbeitsverhältnis unter Zahlung einer Abfindung zu beenden. Im Gegenzug verzichtet der Arbeitnehmer auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage.
Rz. 18
In dem vom Bundesarbeitsgericht zu entscheidenden Fall hatte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer am 13.10.2004 nach den Vorschriften des § 1a KSchG betriebsbedingt zum 30.4.2005 gekündigt. Zugleich wurde in dem Kündigungsschreiben eine Abfindungszahlung von 30.000 EUR angeboten, die gezahlt werden sollte, wenn auf eine Kündigungss...