Rz. 45
Zugriff hat die Erbengemeinschaft auch auf die vererblichen Arbeitszeitkonten, soweit sie Rechtsnachfolgerin des Arbeitnehmers geworden ist, § 1922 BGB.
1. Flexible Arbeitszeit
Rz. 46
Die Forderung nach flexiblen Arbeitszeiten führt zur Errichtung von Arbeitszeitmodellen. Die Ausgestaltung unterliegt dem individuellen Arbeitsrecht. Sie wird durch tarifvertragliche Regelungen und durch Betriebsvereinbarungen flankiert.
Rz. 47
Unter dem Oberbegriff der Arbeitszeitkonten werden verschiedene Modelle zur Flexibilisierung der Arbeitszeit geführt, die sich im Wesentlichen auf zwei Grundtypen reduzieren lassen: Jahresarbeitszeitmodelle oder Ansparkonten.
Rz. 48
Bei dauerhaften Arbeitsverhältnissen kann ein im Arbeitsvertrag festgelegtes Arbeitsvolumen auf das Kalenderjahr verteilt werden. Somit wird über ein Jahreszeitarbeitsmodell der Arbeitsbedarf flexibel geregelt, wobei hier auch Saisonarbeit angemessen geplant werden kann.
Bei der Anlegung von Ansparkonten kann der Arbeitnehmer Stunden, die über die vertraglich geregelte regelmäßige Arbeitszeit hinausgehen, sammeln. Sie dienen häufig dazu, trotz fortwährendem Bestand des Arbeitsverhältnisses für einen Übergangszeitraum aus dem Berufsleben "auszusteigen" oder frühzeitig in Ruhestand zu gehen. Auf diesem Weg können nun Plus- oder Minusstunden erwirtschaftet werden, je nachdem, wie der Arbeitnehmer eingesetzt wird.
2. Vererblichkeit des Arbeitszeitguthabens
Rz. 49
Verstirbt der Arbeitnehmer und es war individuell oder durch Tarifvertrag ein Arbeitszeitkontenmodell vereinbart, so ergeben sich mit Blick auf das Arbeitsverhältnis im Todesfall eines Arbeitnehmers regelmäßig zwei Situationen, die Fragen aufwerfen: Entweder hat der Arbeitnehmer in seinem Stundenkonto ein "Minus" erwirtschaftet, so dass zu fragen ist, ob eine Nacharbeit dieser Stunden erfolgen muss, oder das Stundenkonto weist "Plusstunden" auf, so dass sich die Frage ergibt, ob diese auszubezahlen sind.
Rz. 50
Beide Situationen werden wie folgt abgewickelt: Der Vergütungsanspruch ist kein höchstpersönlicher Anspruch, sondern ein Anspruch auf Geldzahlung bis zum Tod des Arbeitnehmers, der in den Nachlass fällt. D.h. die Erbengemeinschaft kann diesen Auszahlungsanspruch geltend machen. Dies gilt für den verstetigten monatlichen Lohnanspruch. Demzufolge kann sich die Erbengemeinschaft auch das über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus erwirtschaftete Kontingent an Arbeitszeit auszahlen lassen, denn dieser Mehrwert ist angefallen und "verbucht". Beachtlich hierbei sind die steuerrechtlichen Aspekte, denn neben der Erbschaftsteuer ist dann auch Lohnsteuer zu bezahlen.
Rz. 51
Umgekehrt kann der Arbeitgeber jedoch die erwirtschafteten "Minusstunden" nicht von der Erbengemeinschaft einfordern, denn die Arbeitszeit ist eine höchstpersönliche Leistung nach § 613 BGB, deren Ableistung von der Erbengemeinschaft nicht "in natura" verlangt werden kann.
Rz. 52
Arbeitszeitmodelle dieser Art finden ihre Grundlage meist in tarifvertraglichen Regelungen oder in Betriebsvereinbarungen. Dort finden sich Verrechnungsregelungen für den Fall, dass die Stundenkontingente nicht rechtzeitig abgebaut wurden, der Mitarbeiter verstirbt oder der Arbeitnehmer vorzeitig das Unternehmen verlässt. Lassen diese kollektivrechtlichen Regeln eine Verrechnung der Minusstunden zu, dann kann der Arbeitgeber vor Auszahlung der monatlichen Vergütung (bis zum Tod des Arbeitnehmers) die Minusstunden verrechnen und den saldierten Betrag ausbezahlen.