a) Überblick
Rz. 74
Das Verfahren, in dem der Arrest oder die einstweilige Verfügung erlassen wird und das weitere Verfahren, das auf den Widerspruch nach § 924 ZPO folgt, sind eine Angelegenheit i.S.d. § 15 RVG. Dies folgt nicht aus § 16 Nr. 5 RVG, sondern unmittelbar aus § 15 RVG, da es sich weder um ein Abänderungs- noch um ein Aufhebungsverfahren handelt, sondern lediglich um die Fortsetzung des bereits eingeleiteten Verfahrens. Die Gebühren entstehen daher insgesamt nur einmal (§ 15 Abs. 2 RVG). Es entsteht auch keine gesonderte Postentgeltpauschale nach Nr. 7002 VV.
Rz. 75
Für den Anwalt, der erstmals im Verfahren über den Widerspruch tätig wird, entstehen die Gebühren nach den Nrn. 3100 ff. VV jetzt erstmalig.
Rz. 76
Für den bereits im Anordnungsverfahren tätigen Rechtsanwalt können bereits entstandene Gebühren nicht erneut ausgelöst werden. Es können jetzt allerdings weitere Gebühren entstehen, die bisher noch nicht entstanden waren, insbesondere eine Terminsgebühr oder eine Einigungsgebühr. Ebenso kann sich durch Einbeziehung weiter gehender Gegenstände, etwa im Rahmen einer Einigung auch über die Hauptsache der Streitwert erhöhen.
Rz. 77
Auch ist zu berücksichtigen, dass eventuell ein gegenüber dem Anordnungsverfahren geringerer Wert gelten kann, insbesondere, wenn dem Antrag auf Anordnung des Arrests oder auf Erlass der einstweiligen Verfügung nur teilweise stattgegeben worden ist, wenn nur ein beschränkter Widerspruch eingelegt oder wenn der Widerspruch teilweise wieder zurückgenommen wird. Daher kann auch eine gesonderte Wertfestsetzung erforderlich sein.
b) Erledigung vor Widerspruch
Rz. 78
Die Tätigkeit im Widerspruchsverfahren kann sich vorzeitig erledigen, nämlich dann, wenn der Widerspruch nicht oder nur zum Teil eingelegt wird.
Rz. 79
Ein solcher Fall ist insbesondere dann gegeben, wenn der Antragsgegner einen Anwalt mit seiner Vertretung beauftragt, dieser jedoch rät, die einstweilige Verfügung zu akzeptieren und keinen Widerspruch einzulegen.
Beispiel 36: Vorzeitige Erledigung, Antragsgegner (Verfügung wird akzeptiert)
Gegen den Mandanten ergeht eine einstweilige Verfügung (Wert: 50.000,00 EUR). Er beauftragt daraufhin seinen Anwalt, ihn zu vertreten. Dieser rät dazu, die einstweilige Verfügung zu akzeptieren und dagegen keinen Widerspruch einzulegen.
Der Anwalt des Antragsgegners erhält in diesem Fall nur die ermäßigte Verfahrensgebühr nach Nrn. 3100, 3101 Nr. 1 VV, da sich die Angelegenheit für ihn vorzeitig erledigt hat, bevor er einen Schriftsatz eingereicht oder einen Termin wahrgenommen hat.
1. |
0,8-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 3101 Nr. 1 VV |
|
1.023,20 EUR |
|
(Wert: 50.000,00 EUR) |
|
|
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
1.043,20 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
198,21 EUR |
Gesamt |
|
1.241,41 EUR |
Rz. 80
Anfallen kann in dieser Phase auch bereits eine Terminsgebühr, wenn die Anwälte eine Besprechung zur Erledigung des Verfahrens, insbesondere zur Vermeidung des Widerspruchs führen (Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV).
Beispiel 37: Vorzeitige Erledigung, Verfügung wird nach Besprechung akzeptiert
Wie vorangegangener Fall. Die Anwälte der Parteien führen eine Besprechung, in der der Anwalt des Antragstellers den Anwalt des Antragsgegners davon überzeugt, keinen Widerspruch einzulegen.
Für beide Anwälte entsteht eine Terminsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV. Für den Anwalt des Antragstellers entsteht die Terminsgebühr neben der 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV und für den Anwalt des Antragsgegners neben der 0,8-Verfahrensgebühr nach Nrn. 3100, 3101 Nr. 1 VV.
I. |
Anwalt Antragsteller |
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
|
1.662,70 EUR |
|
(Wert: 50.000,00 EUR) |
|
|
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
|
1.534,80 EUR |
|
(Wert: 50.000,00 EUR) |
|
|
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
3.217,50 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
611,33 EUR |
Gesamt |
|
3.828,83 EUR |
II. |
Anwalt Antragsgegner |
1. |
0,8-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 3101 Nr. 1 VV |
|
1.023,20 EUR |
|
(Wert: 50.000,00 EUR) |
|
|
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
|
1.534,80 EUR |
|
(Wert: 50.000,00 EUR) |
|
|
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
2.578,00 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
489,82 EUR |
Gesamt |
|
3.067,82 EUR |
Soweit der Anwalt des Antragstellers die Verfahrensgebühr für das Anordnungsverfahren schon abgerechnet hatte, muss er diese in der Schlussrechnung gutschreiben. Abzurechnen ist dann wie folgt:
I. |
Abrechnung Anordnungsverfahren |
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
|
1.662,70 EUR |
|
(Wert: 50.000,00 EUR) |
|
|
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
1.682,70 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
319,71 EUR |
Gesamt |
|
2.002,41 EUR |
II. |
Schlussrechnung |
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
|
1.662,70 EUR |
|
(Wert: 50.000,00 EUR) |
|
|
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
|
1.534,80 EUR |
|
(Wert: 50.000,00 EUR) |
|
|
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
4. |
./. bereits abgerechnete Vergütung (netto) |
|
– 1.682,70 EUR |
|
Zwischensumme |
1.534,80 EUR |
|
5. |
19 % Umsatzsteuer... |