a) Überblick
Rz. 121
In Verfahren über die Abänderung oder Aufhebung eines Arrests erhält der Anwalt ebenfalls die Gebühren der Nrn. 3100 ff. VV, und zwar auch hier gesondert neben den Gebühren der Hauptsache (§ 17 Nr. 4 Buchst. d) RVG). Diese Gebühren entstehen aber nicht, soweit der Anwalt die Gebühren bereits im Anordnungsverfahren verdient hat, da das Verfahren über einen Antrag auf Anordnung eines Arrests oder Erlass einer einstweiligen Verfügung einerseits und jedes Verfahren auf deren Abänderung oder Aufhebung, andererseits als eine Angelegenheit gelten (§ 16 Nr. 5 RVG). Zu den Abänderungs- und Aufhebungsverfahren nach § 16 Nr. 5 RVG gehören
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das Verfahren auf Aufhebung wegen nicht fristgemäßer Klageerhebung (§ 926 Abs. 2 ZPO), |
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das Verfahren auf Aufhebung wegen veränderter Umstände (§ 927 ZPO), |
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das Verfahren auf Aufhebung gegen Sicherheitsleistung (§ 939 ZPO), |
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das Verfahren auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung wegen Nichteinhaltung der Ladungsfrist (§ 942 Abs. 3 ZPO). |
Rz. 122
Soweit der Anwalt also bereits im Anordnungsverfahren tätig war, erhält er die dort bereits verdienten Gebühren nicht erneut.
Rz. 123
Es können allerdings weitere Gebühren, die bisher noch nicht entstanden waren, ausgelöst werden, insbesondere eine Terminsgebühr oder eine Einigungsgebühr. Auch kann sich durch Einbeziehung weiter gehender Gegenstände, etwa im Rahmen einer Einigung auch über die Hauptsache oder andere Gegenstände der Streitwert erhöhen.
Rz. 124
Zu beachten ist, dass der Streitwert eines Aufhebungs- oder Abänderungsverfahren geringer sein kann als der des Anordnungsverfahrens, etwa wenn die beantragte Verfügung oder der beantragte Arrest nur zum Teil erlassen worden ist oder wenn nur teilweise Abänderung oder Aufhebung beantragt wird. Daher ist gegebenenfalls eine gesonderte Wertfestsetzung erforderlich.
Rz. 125
Des Weiteren ist zu beachten, dass Anordnungs- und Aufhebungs- bzw. Abänderungsverfahren auch dann nach § 16 Nr. 5 RVG eine Angelegenheit sind, wenn zwischenzeitlich das Berufungs- oder Beschwerdegericht mit der Sache befasst war, selbst wenn erst das Berufungs- oder Beschwerdegericht den Arrest oder die einstweilige Verfügung erlassen hat.
Rz. 126
Für den Anwalt, der erstmals im Abänderungs- und Aufhebungsverfahren tätig wird, entstehen die betreffenden Gebühren jetzt erstmalig. Auch hier ist zu berücksichtigen, dass eventuell ein gegenüber dem Anordnungsverfahren geringerer Wert gelten kann, insbesondere, wenn dem Antrag auf Anordnung des Arrests oder auf Erlass der einstweiligen Verfügung nur teilweise stattgegeben worden ist oder wenn nur wegen eines Teils die Aufhebung oder Abänderung beantragt worden ist.
Rz. 127
Werden mehrere Verfahren auf Abänderung oder Aufhebung geführt, bilden sie sowohl untereinander als auch zusammen mit dem ursprünglichen Anordnungsverfahren dieselbe Angelegenheit, sodass der Anwalt seine Vergütung auch hier gem. § 15 Abs. 2 RVG nur einmal erhält.
b) Verfahren auf Aufhebung nach § 926 Abs. 2 ZPO
Rz. 128
Nach § 926 Abs. 2 ZPO ist ein Arrest oder eine einstweilige Verfügung aufzuheben, wenn der Antragsteller der Fristsetzung zur Hauptsacheklage (§ 926 Abs. 1 ZPO) nicht nachkommt.
Rz. 129
Das Verfahren über den Antrag auf Fristsetzung zählt noch mit zum Anordnungsverfahren und wird durch die dort verdienten Gebühren abgegolten.
Rz. 130
Die Entscheidung über den Aufhebungsantrag ergeht durch Urteil und setzt damit eine mündliche Verhandlung voraus. Auch hier sind Anordnungs- und Aufhebungsverfahren nach § 16 Nr. 5 RVG eine Angelegenheit.
Rz. 131
Der Anwalt kann daher Verfahrens- und Terminsgebühr insgesamt nur einmal verlangen. Sofern die Terminsgebühr im Anordnungsverfahren noch nicht angefallen war, entsteht sie jetzt im Aufhebungsverfahren. Soweit sie bereits im Anordnungsverfahren entstanden ist, erhält der Anwalt keine weiteren Gebühren, es sei denn, es wird im Aufhebungsverfahren eine Einigung geschlossen, sodass dort noch die Einigungsgebühr nach Nrn. 1000 Nr. 1, 1003 VV entsteht.
Beispiel 69: Antrag auf Aufhebung wegen Verstreichens der Frist zur Hauptsacheklage
Gegen den Antragsgegner ist nach mündlicher Verhandlung eine einstweilige Verfügung ergangen (Streitwert: 50.000,00 EUR). Er lässt dem Antragsteller eine Frist zur Hauptsacheklage setzen, die dieser nicht einhält. Daraufhin beantragt der Antragsteller die Aufhebung der einstweiligen Verfügung nach § 926 Abs. 2 ZPO. Das Gericht hebt nach mündlicher Verhandlung die einstweilige Verfügung durch Urteil auf.
Unabhängig davon, welche Gebühren bereits im Anordnungsverfahren entstanden sind, erhalten die beteiligten Anwälte insgesamt nur eine 1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV) sowie die 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV.
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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1.662,70 EUR |
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(Wert: 50.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
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1.534,80 EUR |
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(Wert: 50.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
3.217,50 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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611,33 EUR |
Gesamt |
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3.828,83 EUR |