a) Allgemeines
Rz. 8
Bei der "Vollerbenlösung" setzen sich Ehegatten für den ersten Todesfall gegenseitig zu alleinigen Vollerben ein (Berliner Testament, § 2269 BGB). Bei der sog. Einheitslösung geht das Vermögen des erstversterbenden Ehepartners in das Vermögen des Überlebenden über und bildet dann mit dem Eigenvermögen des Überlebenden eine einheitliche Vermögensmasse. In der Verfügung für den zweiten Todesfall wird bestimmt, an wen das einheitliche Vermögen nach dem Tod des überlebenden Ehegatten fließt.
Rz. 9
Auch wenn die Schlusserbenregelung nicht explizit angeordnet sein muss und sich auch durch Auslegung ergeben kann, sollte eine ausdrückliche Bestimmung aufgenommen werden oder, wenn keine gemeinsame Schlusserbeneinsetzung gewollt ist, eine ausdrückliche Klarstellung erfolgen. So hat bspw. das OG Düsseldorf in seinem Beschluss vom 3.8.2018 eine konkludente Schlusserbeneinsetzung der Kinder angenommen in einem Fall, in dem das gemeinschaftliche Testament eine Pflichtteilsstrafklausel enthielt und eine umfangreiche Regelung für den Fall des plötzlichen Versterbens beider Ehepartner.
Rz. 10
Ferner sollte darauf geachtet werden, dass die Schlusserbenbestimmung vollständig ist und nicht etwa nur eine Zuwendung des wesentlichen Nachlassgegenstandes an einen Abkömmling erfolgt. Auch sollte die Größe der Erbteile der Schlusserben nicht fehlen, wobei nach § 2091 BGB mehrere Erben zu gleichen Teilen eingesetzt sind, sofern sich durch Auslegung nichts anderes ergibt. Nach Möglichkeit sollten die Ehepartner auch die Schlusserben namentlich benennen und nicht nur den Begriff "Kinder" als Bezeichnung bzw. Bestimmung verwenden, da dies bspw. in Kombination mit einer Pflichtteilsklausel so ausgelegt werden kann, dass nur die Kinder Schlusserben sind, denen ein Pflichtteilsrecht zu beiden Ehepartnern zusteht.
b) Die Vermutungsregel des § 2269 BGB
Rz. 11
Nach der Auslegungsregel des § 2269 Abs. 1 BGB wird "im Zweifel" von einer Vollerbeneinsetzung des Überlebenden ausgegangen, wenn die Ehegatten sich in ihrem Testament gegenseitig als Erben eingesetzt und bestimmt haben, dass nach dem Tod des Überlebenden der Nachlass an einen Dritten fallen soll. Der Gesetzgeber hat dabei erwogen, dass Ehepartner grundsätzlich ihr Vermögen als einheitliches ansehen. Verfügen Ehepartner, dass der überlebende Ehepartner uneingeschränkten Zugriff auf das Vermögen haben soll und danach die Angehörigen berechtigt sein sollen zu erben, handelt es sich um eine Schlusserbeneinsetzung im Sinne des § 2269 BGB. Da es in diesem Bereich zu den unterschiedlichsten Auslegungen kommen kann, ist eine exakte Formulierung im Testament erforderlich.
c) Abgrenzung der Begriffe Vollerbe – Alleinerbe
Rz. 12
Entscheiden sich die Ehepartner für das klassische Berliner Testament, dann ist für die gewollte Einheitslösung der Begriff "Vollerbe" zu verwenden. Denn würden sich die Eheleute gegenseitig nur zu "Alleinerben" einsetzen, dann schließt dies die Möglichkeit einer Vor- und Nacherbschaft nach Ansicht der Rechtsprechung nicht unbedingt aus. Der Begriff "Alleinerbe" kennzeichnet nur den Unterschied zum Miterben, während der Begriff des "Vollerben" als Gegensatz zum "Vorerben" steht.
d) Sonstige Verfügungen für den ersten Todesfall
Rz. 13
Des Weiteren ist zu beachten, dass auch bei der Verfügung für den ersten Todesfall alle testamentarischen Anordnungen, die dem Testierenden beim Einzeltestament zur Verfügung stehen, angeordnet werden können. Es sollte somit geprüft werden, ob nach dem Tod des erstversterbenden Ehepartners bereits Vermächtnisse ausgesetzt werden sollen, ob Auflagen anzuordnen sind oder eine Testamentsvollstreckung.
Die Anordnung von Vermächtnissen im ersten Todesfall zugunsten der Schlusserben bietet sich an, wenn es sich um größere Vermögen handelt und wenn mit einer erheblichen Erbschaftsteuerbelastung zu rechnen ist (vgl. hierzu Rdn 24 ff.).
Rz. 14
Eine Testamentsvollstreckung kann sinnvoll sein, wenn der überlebende Ehepartner aufgrund fortgeschrittenen Alters nur schwer in der Lage ist, ein größeres Vermögen zu verwalten. Dem Testamentsvollstrecker kann dann durch entsprechende Verwaltungsanweisung die Verpflichtung auferlegt werden, sich um eine bestmögliche Versorgung des überlebenden Ehepartners zu kümmern.
e) Verfügung für den zweiten Todesfall
Rz. 15
Da das Vermögen der Ehepartner bei der Vollerbenlösung nach dem Eintritt des ersten Todesfalls zu einer einheitlichen Vermögensmasse "verschmilzt", ist in der Verfügung für den zweiten Todesfall hinsichtlich dieses Gesamtv...