a) Verfügung für den ersten Todesfall
Rz. 37
Bei der Trennungslösung wird der überlebende Ehegatte (meist befreiter) Vorerbe, die Abkömmlinge der Ehegatten (oder Dritte) werden als Nacherben eingesetzt. Es kommt hier nicht wie bei der Einheitslösung zu einer "Verschmelzung" bzw. einer Einheit beider Vermögensmassen. Der Überlebende erhält das Vermögen des Erstversterbenden als Vorerbenvermögen und besitzt daneben sein gesondertes Eigenvermögen; daher der Begriff "Trennungslösung".
Rz. 38
Die Ehegatten haben bei der Ausgestaltung der Vorerbschaft ebenso wie beim Einzeltestament die Möglichkeit der Befreiung von den Beschränkungen der §§ 2113 ff. BGB (vgl. § 11 Rdn 42 ff.). Von einer konkludenten Befreiung des überlebenden Ehegatten kann aber nur ausgegangen werden, wenn wegen Fehlens eigener Abkömmlinge entferntere Verwandte zu Nacherben bestimmt werden und der überlebende Ehepartner wesentlich zum Vermögensaufbau beigetragen hat.
Die Einsetzung des Nacherben kann, wenn der überlebende Ehepartner über die Möglichkeiten des § 2136 BGB hinaus befreit werden soll, auch unter einer auflösenden Bedingung bestimmt werden, dass der Überlebende nicht anderweitig über den Nachlass verfügt (vgl. zu den Befreiungsmöglichkeiten von den Beschränkungen des Vorerben § 11 Rdn 42 ff.).
b) Verfügung für den zweiten Todesfall
Rz. 39
Bei der Trennungslösung wird in der Verfügung für den ersten Todesfall die Nacherbenregelung getroffen, das heißt, dass der Nacherbe letztlich vom Erstverstorbenen erbt. In der Verfügung für den zweiten Todesfall wird daher bei der Trennungslösung nur noch bezüglich des Eigenvermögens des überlebenden Ehegatten eine letztwillige Regelung getroffen. In der Praxis stellt man häufig fest, dass die Ehegatten sich gegenseitig zu Vorerben und die Abkömmlinge zu Nacherben eingesetzt haben, dass dann aber eine Verfügung für den Erbfall des überlebenden Ehegatten hinsichtlich dessen Eigenvermögens fehlt. Dies kann zu erheblichen Auslegungsschwierigkeiten führen, weil die Rechtsprechung bei der Formulierung, dass der überlebende Ehepartner Vorerbe und die Kinder Nacherben werden, von der Einheitslösung ausgeht.
Rz. 40
Die Verfügung für den Schlusserbfall kann ebenfalls die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft vorsehen, bei der die eigenen Kinder Vorerben und deren Abkömmlinge oder Dritte Nacherben werden. Will man in einem solchen Fall beide Vermögen der Ehegatten wieder vereinheitlichen, so müsste man hinsichtlich der Verfügung für den ersten Todesfall eine sog. doppelte Nacherbschaft anordnen, was dazu führen würde, dass die als Nacherben bestimmten Abkömmlinge selbst wiederum nur Vorerben und deren Abkömmlinge oder Dritte Nacherben würden.
c) Anwendungsbereich der Trennungslösung
Rz. 41
Die Trennungslösung bietet sich z.B. an, wenn die Eheleute Kinder aus vorangegangenen Ehen haben und diese nicht am Nachlass des jeweils nicht verwandten Ehegatten partizipieren sollen. Die Anordnung der Vor- und Nacherbfolge führt dann zur Pflichtteilsreduzierung nach dem überlebenden Ehepartner, da seine Abkömmlinge nur einen Pflichtteil an seinem Eigenvermögen, nicht aber am Vorerbenvermögen zusteht. Letztlich bietet sich die Vor- und Nacherbschaft auch dann an, wenn das Vermögen einseitig bei einem Ehegatten liegt und dieser sichergehen will, dass seine Kinder dieses erhalten. Vorsicht ist bei der Anordnung von Vor- und Nacherbschaft wegen des hohen "Streitpotentials" geboten. In manchen Fällen bietet sich auch eine Kombination von Einheits- und Trennungslösung an.
Rz. 42
Muster 19.6: Ehegattentestament (Trennungslösung)
Muster 19.6: Ehegattentestament (Trennungslösung)
1. Verfügung für den 1. Todesfall
Wir, die Eheleute _________________________, geb. am _________________________, und _________________________, geborene _________________________, geb. am _________________________, wohnhaft in _________________________, setzen uns gegenseitig zu alleinigen Erben unseres gesamten Vermögens ein. Der überlebende Ehegatte ist jedoch nur Vorerbe. Er ist von allen gesetzlichen Beschränkungen befreit, soweit dies möglich und rechtlich zulässig ist. Ein Ersatzvorerbe wird nicht bestimmt, es gilt die Vorschrift des § 2102 Abs. 1 BGB.
Zu Nacherben hinsichtlich des zum Zeitpunkt des zweiten Erbfalls noch vorhandenen Nachlasses bestimmen wir unsere ehegemeinschaftlichen Kinder _________________________, geb. am _________________________, wohnhaft in _________________________, und _________________________, geb. am _________________________, wohnhaft in _________________________, zu jeweils gleichen Teilen. Zu Ersatznacherben bestimmen wir die Abkömmlinge unserer ehegemeinschaftlichen Kinder nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolgeordnung, wiederum ersatzweise soll Anwachsung – zunächst innerhalb eines Stammes – eintreten...