Rz. 68

Eine solche Freistellungs- bzw. Abänderungsklausel hat den Vorteil, dass der nach dem Tod des Erstversterbenden gebundene Ehegatte die Möglichkeit hat, auf gewisse Änderungen im Leben der beispielsweise als Schlusserben eingesetzten Kinder zu reagieren. In der Praxis hat sich gezeigt, dass gerade in Bezug auf nicht ehegemeinschaftliche Kinder beim Wegfall eines Ehegatten unvorhersehbare Entwicklungen eintreten können.

 

Rz. 69

Die Ehegatten sind bei der Gestaltung der Freistellungsklausel hinsichtlich der Art und des Umfanges völlig frei.[119] So kann sich die Abänderungsbefugnis auf eine rein gegenständliche Abänderung, eine Quotenabänderung oder eine allgemeine Abänderung beschränken. Ebenso kann auch der Personenkreis, z.B. die ehegemeinschaftlichen Kinder, zugunsten dessen abgeändert werden kann, beliebig festgelegt werden. Wichtig ist, dass die Abänderungsbefugnis klar formuliert ist. Die Anordnung, dass der überlebende Ehegatte frei verfügen darf, genügt hierbei nicht, da diese lediglich lebzeitige Verfügungen betreffen kann.[120] Sinnvoll ist vor allem die Freistellung dahingehend, dass der überlebende Ehepartner einen Nacherben und eine Testamentsvollstreckung anordnen darf, um dem Fall vorzubeugen, dass einer der Schlusserben zwischen dem ersten und dem zweiten Todesfall in Vermögensverfall gerät und ggf. ein Gläubigerzugriff auf den Erbteil droht. Auch sollte bei gemeinsam angeordneter Testamentsvollstreckung dem überlebenden Ehepartner das Recht eingeräumt werden, die Befugnisse des Testamentsvollstreckers zu erweitern.[121]

 

Rz. 70

Muster 19.13: Abänderungsmöglichkeit in Bezug auf ehegemeinschaftliche Kinder

 

Muster 19.13: Abänderungsmöglichkeit in Bezug auf ehegemeinschaftliche Kinder

Unsere in diesem Testament getroffenen Verfügungen für den ersten und den zweiten Todesfall sollen wechselbezüglich und bindend sein mit der Maßgabe, dass der überlebende Ehegatte berechtigt ist, die Verfügung für den Schlusserbfall hinsichtlich der Erbeinsetzung, der Anordnung von Vermächtnissen und Auflagen innerhalb der als Schlusserben berufenen ehegemeinschaftlichen Kinder und deren Abkömmlinge beliebig abzuändern. Zugunsten anderer als unserer ehegemeinschaftlichen Abkömmlinge darf der überlebende Ehepartner aber nicht verfügen. Der überlebende Ehegatte ist aber auch berechtigt, eine Testamentsvollstreckung mit beliebigem Inhalt und einen Nacherben für den Schlusserbfall anzuordnen. Bei Ausübung des Abänderungsrechts bleibt die Verfügung des Erstversterbenden entgegen § 2270 Abs. 1 BGB weiterhin wirksam.

[119] Palandt/Weidlich, § 2271 Rn 22.
[120] Schleswig-Holsteinisches OLG NotZB 2014, 194; BayObLG FamRZ 1985, 209.
[121] Vgl. Damrau/Tanck/Kind, § 2289 Rn 3.

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