Rz. 92
Wird die Wiederverheiratungsklausel durch Anordnung von aufschiebend bedingten Vermächtnissen gestaltet, so gibt dies einmal die Möglichkeit, den Umfang des Vermächtnisses genau festzulegen und andererseits bleibt so dem überlebenden Ehegatten, der Vollerbe bleibt, weitestgehende Verfügungsfreiheit. Bei der Wiederverheiratungsklausel im Falle der Einheitslösung ist demnach zu wählen zwischen der Form des Herausgabevermächtnisses und eines Wiederverheiratungsvermächtnisses. Das Herausgabevermächtnis kann sich hierbei auf den noch vorhandenen Rest des Nachlasses, eine bestimmte Quote in Geld, einen bestimmten Betrag oder auch auf einen bestimmten Nachlassgegenstand beziehen, wobei dann streng darauf geachtet werden sollte, dass dem überlebenden Ehepartner hinreichend Vermögen verbleibt, um nicht Gefahr zu laufen, dass die Klausel aufgrund Sittenwidrigkeit unwirksam ist (vgl. Rdn 84 ff.).
Rz. 93
Daran zu denken wäre bspw., dass das aufschiebend bedingte Vermächtnis als Bestimmungsvermächtnis gestaltet wird und eine dritte (neutrale) Person im Zeitpunkt der Wiederverheiratung unter Abwägung der dann entstehenden Bedürfnisse und des dann noch vorhandenen Nachlasses eine Aufteilung durch Festlegung der Vermächtnisse vornimmt. Letztendlich ist auch zur Wahrung der Interessen der Abkömmlinge daran zu denken, dass der Vermächtnisanspruch mindestens dem Pflichtteil zum Zeitpunkt des Eintritts des ersten Erbfalls entsprechen sollte, oder es ist testamentarisch eine Verlängerung der Verjährungsfrist nach § 202 Abs. 2 BGB anzuordnen.
Rz. 94
Zu beachten ist, dass das Vermächtnis sinnvollerweise bei Wiederverheiratung anfallen und kurz danach fällig sein sollte. Das Vermächtnis bis zum Tode des überlebenden Ehegatten zu stunden, ist nur dann zu empfehlen, wenn es beispielsweise durch Grundpfandrechte gesichert werden kann, da man ansonsten Gefahr läuft, dass das Vermögen in der neuen Ehe bis zum Tode des überlebenden Ehegatten verbraucht wird.
Für die Höhe des Nachlasses (Bestand und Wert), aus dem sich die Vermächtnisse berechnen, sollte immer der Zeitpunkt des Todes des Erstversterbenden zugrunde gelegt werden. Dies belastet zwar den überlebenden Ehegatten mehr, als wenn sich die Vermächtnisse aus dem Nachlass zum Zeitpunkt der Wiederverheiratung bemessen würden, letztendlich vermeidet man damit aber vorhersehbare Streitigkeiten über Bestand und Wert des damaligen und jetzigen Nachlasses und schließlich hat der überlebende Ehepartner einen Teil des auf ihn entfallenden Nachlasses höchstwahrscheinlich schon verwertet.
Rz. 95
Muster 19.17: Wiederverheiratungsklausel in Form des Herausgabevermächtnisses
Muster 19.17: Wiederverheiratungsklausel in Form des Herausgabevermächtnisses
Für den Fall, dass sich der überlebende Ehegatte wieder verheiratet, hat er an die Schlusserben Geldvermächtnisse in Höhe des seinen eigenen gesetzlichen Ehegattenerbteil übersteigenden Betrags herauszugeben. Jeder Schlusserbe hat einen seiner gesetzlichen Erbquote am Nachlass des Zuerstversterbenden entsprechenden selbstständigen, von den anderen Erben unabhängigen Vermächtnisanspruch. Für die Berechnung ist der reine Wert des Nachlasses zum Zeitpunkt des ersten Todesfalls maßgebend. Unter dem reinen Wert des Nachlasses ist der Aktivnachlass abzüglich der Erblasserschulden und der Erbfallkosten vor Steuern und evtl. Pflichtteilsansprüchen zu verstehen. Die Vermächtnisse fallen mit Wiederverheiratung an, sind drei Monate danach fällig und bis dahin unverzinslich. Das Vermächtnis ist auf dasjenige beschränkt, was vom Nachlass übrig ist. Diejenigen Abkömmlinge, die am Nachlass des Erstversterbenden einen Pflichtteilsanspruch geltend gemacht haben, erhalten kein Vermächtnis.
Die Eingehung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft erfüllt den Tatbestand dieser Klausel nicht.
Rz. 96
Muster 19.18: Wiederverheiratungsvermächtnis und Bestimmungsvermächtnis
Muster 19.18: Wiederverheiratungsvermächtnis und Bestimmungsvermächtnis
Für den Fall, dass sich der überlebende Ehepartner wiederverheiratet, erhalten die als Schlusserben eingesetzten Abkömmlinge Vermächtnisse bis maximal in Höhe ihres gesetzlichen Erbteils am Nachlass und auf den Stichtag des erstversterbenden Ehepartners. Die Höhe und den Gegenstand des Vermächtnisses bestimmt _________________________, ersatzweise _________________________. Das Bestimmungsrecht ist innerhalb von drei Monaten nach dem Eintritt der Wiederverheiratung auszuüben. Der Bestimmungsberechtigte hat dabei die Versorgungsinteressen des überlebenden Ehepartners zu berücksichtigen und mit den Ansprüchen der Schlusserben abzuwägen und nach Möglichkeit darauf zu achten, dass die Abkömmlinge mindestens einen Anspruch in Höhe des Pflichtteils am Nachlass des erstversterbenden Ehepartners erhalten. Zu berücksichtigen ist dabei auch das Versorgungsinteresse, welchen Nutzen der Ehepartner bereits aus dem Nachlass gezogen hat und wie er durch die Wiederverheiratung abgesichert ist, ob er bspw. Rentenanspr...