a) Allgemeines
Rz. 24
Im Rahmen des Berliner Testaments wird diskutiert, dass den Abkömmlingen aufgrund der Alleinerbeinsetzung des Ehegatten ein Erbschaftsteuerfreibetrag, nämlich der nach dem erstversterbenden Elternteil, genommen wird. Die Abkömmlinge, vorausgesetzt, sie sind als Schlusserben bedacht, erben bei der Einheitslösung nur einmal – nämlich nach dem Tod des überlebenden Ehegatten. Bei "größeren" Vermögen ist daher darüber nachzudenken, den Abkömmlingen nach dem Tod des Erstversterbenden bereits ein Geld- oder Sachvermächtnis in Höhe des Erbschaftsteuerfreibetrages zukommen zu lassen, um den Freibetrag am Nachlass des erstversterbenden Elternteils zu nutzen. Teilweise sieht die Literatur bereits bei "mittleren" Vermögen Handlungsbedarf.
b) Anordnung von Vermächtnissen zur Ausnutzung der Freibeträge der Kinder nach dem ersten Todesfall
Rz. 25
Um den überlebenden Ehegatten nicht mit der Vermächtniserfüllung zu belasten, hat es die Praxis in der Vergangenheit so gehandhabt, das Vermächtnis bereits beim ersten Todesfall anfallen zu lassen (vgl. die Auslegungsregel des § 2269 Abs. 2 BGB), die Fälligkeit des Vermächtnisses aber bis zum Tod des überlebenden Ehegatten hinauszuschieben. Zwischenzeitlich werden allerdings von der Vorschrift des § 6 Abs. 4 ErbStG auch auf den Tod des Überlebenden fällige Vermächtnisse erfasst, der in diesem Fall eine Besteuerung im Verhältnis zum überlebenden Ehepartner vorsieht, so dass dadurch keine Ausnutzung des Freibetrages nach dem Erstversterbenden mehr gewährleistet ist. Dies wird damit begründet, dass durch die aufschiebende Fälligkeit eine mit dem Vor- und Nachvermächntis vergleichbare Situation entsteht. Von einem Hinausschieben der Fälligkeit bis zum Tod des überlebenden Ehegatten ist deshalb abzuraten.
Als Alternative bietet sich an, hinsichtlich der Fälligkeit des Vermächtnisses einen bestimmten Zeitpunkt (nicht den Tod des überlebenden Ehegatten) oder eine bestimmte Frist (z.B. acht Jahre nach Eintritt des Erbfalls) festzulegen, wobei § 42 AO hinreichend Beachtung geschenkt werden sollte. J. Mayer schlägt als weitere Gestaltungsmöglichkeit vor, das Vermächtnis sofort fällig zu stellen und dem überlebenden Ehegatten z.B. am Vermächtnisertrag einen Nießbrauch in Form eines Untervermächtnisses einzuräumen.
Rz. 26
Muster 19.3: Aufschiebend bedingtes Geldvermächtnis
Muster 19.3: Aufschiebend bedingtes Geldvermächtnis
Unsere Kinder _________________________, geb. am _________________________, und _________________________, geb. am _________________________, erhalten aus dem Nachlass des erstversterbenden Ehegatten jeweils ein Geldvermächtnis in Höhe von EUR _________________________ (oder ihrem gesetzlichen Erbteil). Das Vermächtnis fällt mit dem Tod des Erstversterbenden an und ist 4 Jahre danach fällig. Ab dem 2. Jahr seit Eintritt des Erbfalls ist das Vermächtnis mit 3,5 % jährlich zu verzinsen. Der Vermächtnisanspruch steht jedem Kind einzeln zu. Sicherheit kann nicht verlangt werden.
Rz. 27
Muster 19.4: Sachvermächtnis mit Nießbrauch
Muster 19.4: Sachvermächtnis mit Nießbrauch
Unsere Kinder _________________________, geb. am _________________________, und _________________________, geb. am _________________________, erhalten aus dem Nachlass des erstversterbenden Ehegatten im Wege des Vermächtnisses die Immobilie _________________________ eingetragen im Grundbuch von _________________________ Blatt _________________________ Fl. Nr. _________________________ mit einer Größe von _________________________. Die Vermächtnisnehmer werden mit einem Untervermächtnis dergestalt belastet, dass sie dem überlebenden Ehepartner den lebzeitigen unentgeltlichen dinglichen Nießbrauch an der Immobilie einzuräumen haben. In Abweichung von den gesetzlichen Lastentragungen hat der Nießbrauchsberechtigte dabei auch die außergewöhnlichen Erhaltungsmaßnahmen und Aufwendungen sowie die außerordentlichen Lasten zu tragen.
Hinweis
Bei der Anordnung von Vermächtnissen gilt es zu beachten, dass dem Vermächtnisnehmer nach § 2184 BGB auch die seit dem Anfall des Vermächtnisses gezogenen Früchte zustehen. Wird die Fälligkeit des Vermächtnisses hinausgeschoben, ist daher eine Zuordnung der Fruchtziehung zu regeln, da ansonsten den Erben im Zeitpunkt der Fälligkeit eine Herausgabepflicht trifft. Da etwaige auf die Früchte geleisteten Steuern keine Verwendungen im Sinne des § 2185 BGB darstellen, hat der Erbe dann einerseits die Fruchtziehung versteuert und muss diese auf der anderen Seite in voller Höhe herausgeben.
c) Das "Zweck-Bestimmungsvermächtnis" zur Ausnutzung der Freibeträge
Rz. 28
Diskutiert wird im Zusammenhang mit der Ausnutzung der erbschaftsteuerlichen Freibeträge auch das sog. Zweckvermächtnis (§ 2156 BGB), welches es dem überlebenden Ehepartner erlaubt, den Gegenstand des Vermächtnisses, ...