Rz. 71
Weiter besteht auch die Möglichkeit, die Bindungswirkung nur im Hinblick auf das ererbte Vermögen bestehen zu lassen, während der überlebende Ehegatte über sein eigenes Vermögen weiter frei verfügen darf, wobei hier nur eine vermächtnisweise Abänderung möglich sein kann.
Rz. 72
Muster 19.14: Abänderungsmöglichkeit nur bezüglich des Eigenvermögens des überlebenden Ehegatten
Muster 19.14: Abänderungsmöglichkeit nur bezüglich des Eigenvermögens des überlebenden Ehegatten
Unsere in diesem Testament getroffenen Verfügungen für den ersten und den zweiten Todesfall sollen insgesamt wechselbezüglich und bindend sein mit der Maßgabe, dass der überlebende Ehegatte berechtigt ist, hinsichtlich seines Eigenvermögens, welches er nicht vom Erstversterbenden geerbt hat, die Verfügung für den Schlusserbfall dahingehend abzuändern, dass er hierüber durch Anordnung von Vermächtnissen frei verfügen kann. Darüber hinaus ist der überlebende Ehegatte auch berechtigt, eine Testamentsvollstreckung mit beliebigem Inhalt für den Schlusserbfall anzuordnen. Die Schlusserben erhalten im Wege des Vermächtnisses jeweils einzeln das Recht, beim ersten Todesfall ein notarielles Nachlassverzeichnis über das ererbte Vermögen erstellen zu lassen. Bei Ausübung des Abänderungsrechts bleibt die Verfügung des Erstverstorbenen weiterhin wirksam (entgegen § 2270 Abs. 1 BGB).
Rz. 73
Ein in der Praxis seltener diskutiertes Problem ist die Frage, ob das nach dem Tod des Erstversterbenden erlangte Vermögen des überlebenden Ehegatten ebenfalls unter die Bindungswirkung fallen soll oder ob der Ehegatte diesbezüglich frei entscheiden kann. Geht man davon aus, dass durch die Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments der derzeitige Vermögensstand gesichert und an die Schlusserben weitergeleitet werden soll, so kann es durchaus gerecht sein, wenn der überlebende Ehegatte über das neu hinzugekommene Vermögen selbst entscheiden kann. Eine solche Freistellungsklausel in Bezug auf das nach dem Tod des Erstverstorbenen erworbene Vermögen kann jedoch auch nur vermächtnisweise erfolgen.
Rz. 74
Muster 19.15: Abänderungsmöglichkeit nur bezüglich des neu erworbenen Vermögens
Muster 19.15: Abänderungsmöglichkeit nur bezüglich des "neu" erworbenen Vermögens
Unsere in diesem Testament getroffenen Verfügungen für den ersten und den zweiten Todesfall sollen wechselbezüglich und bindend sein mit der Maßgabe, dass der überlebende Ehegatte berechtigt ist, hinsichtlich seines nach dem Tod des Erstversterbenden neu hinzu erworbenen Vermögens (welches nicht während der Ehezeit gemeinsam erworben wurde) die Verfügung für den Schlusserbfall dahingehend abzuändern, dass er hierüber durch Anordnung von Vermächtnissen frei verfügen kann. Bei Ausübung des Abänderungsrechts bleibt die Verfügung des Erstverstorbenen (entgegen § 2270 Abs. 1 BGB) weiterhin wirksam.
Die Schlusserben erhalten im Wege des Vermächtnisses jeweils einzeln das Recht, zum ersten Todesfall ein notarielles Nachlassverzeichnis sowie ein Verzeichnis über den Vermögensbestand des überlebenden Ehegatten erstellen zu lassen. Der überlebende Ehegatte hat dies zu dulden. Zu den der Bindung unterliegenden Vermögenswerten gehören auch Surrogat-Gegenstände unter entsprechender Anwendung des § 2041 BGB.
Rz. 75
Da die Frage, ob und wieweit die wechselbezüglichen Verfügungen des Vorverstorbenen gemäß § 2270 Abs. 1 BGB unwirksam werden, wenn der Überlebende von der Abänderungsmöglichkeit Gebrauch macht und seine Verfügungen ändert, nicht unstrittig und auch nicht abschließend geklärt ist, bietet es sich an, in der Freistellungsklausel klarzustellen, dass der Überlebende nicht nur von der Bindung, sondern auch von der Wechselbezüglichkeit befreit ist und dass bei Ausübung des Änderungsvorbehalts die Verfügung im Übrigen bestehen bleibt.