Rz. 20
Nicht gesetzlich geregelt ist die Frage, ob ein als Schlusserbe Bedachter auch gleichzeitig Ersatzerbe des erstversterbenden Ehegatten ist, wenn der überlebende Ehepartner die Erbschaft ausschlägt oder aus sonstigen Gründen wegfällt (bspw. wegen Anfechtung, Zuwendungsverzicht oder Erbunwürdigkeit). Auch wenn von einem grundsätzlichen Erfahrungssatz ausgegangen werden kann, dass der als Schlusserbe Bedachte auch Ersatzerbe des Erstversterbenden sein soll, so ist eine entsprechende Klarstellung im Testament sinnvoll, gerade wenn die als Schlusserben bedachten Kinder bspw. nicht aus der gemeinschaftlichen Ehe stammen. Setzen Ehepartner Personen als Schlusserben ein, die mit ihnen jeweils nur einseitig verwandt sind, dann kann die Schlusserbeneinsetzung regelmäßig nicht als Ersatzerbeneinsetzung angesehen werden, wenn der überlebende Ehepartner die Erbschaft ausschlägt. Auch insoweit wäre dann eine Klarstellung in der letztwilligen Verfügung angebracht.
Rz. 21
Muster 19.2: Schlusserbe ist zugleich Ersatzerbe bei nicht gemeinschaftlichen Kindern
Muster 19.2: Schlusserbe ist zugleich Ersatzerbe bei nicht gemeinschaftlichen Kindern
Wir, die Eheleute _________________________, geb. am _________________________ in _________________________, und _________________________, geborene _________________________, geb. am _________________________ in _________________________, wohnhaft in _________________________, setzen uns gegenseitig zu alleinigen Vollerben unseres gesamten Vermögens ein.
Zu unseren Schlusserben und Ersatzerben des Erstversterbenden bestimmen wir den Sohn des Ehemannes aus dessen erster Ehe, Herrn _________________________, geb. am _________________________ in _________________________, derzeit wohnhaft _________________________. Die Ersatzerbenbestimmung bleibt auch dann bestehen, wenn der überlebende Ehepartner die Erbschaft ausschlägt (§ 2271 Abs. 2 S. 1 BGB) oder aus sonstigen Gründen wegfällt. Die Ersatzerbenberufung des von uns bestimmten Schlusserben entfällt aber für den Fall, dass der überlebende Ehepartner wegen Erbunwürdigkeit entfällt.
Rz. 22
Nach § 2271 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 BGB kann sich der überlebende Ehepartner durch Ausschlagung von der Wechselbezüglichkeit der getroffenen Verfügungen befreien, was nach § 2270 Abs. 1 BGB grundsätzlich zur Unwirksamkeit aller wechselbezüglichen Verfügungen führt. Durch die Ausschlagung kann der überlebende Ehepartner seine eigenen Verfügungen aufheben, was zugleich einen Widerruf nach § 2270 Abs. 1 BGB darstellt. Die h.M. will allerdings in diesen Fällen eine Beschränkung der Wechselbezüglichkeit sehen und nimmt aufgrund einer ergänzenden Auslegung den Fortbestand einer getroffenen Ersatzerbenregelung an (Aufrechterhaltungswille). Das OLG Hamm geht davon aus, dass die festgestellte Wechselbezüglichkeit der beiderseitigen Verfügungen regelmäßig gegen die Annahme eines Aufrechterhaltungswillens spricht. Dies gilt nach Auffassung des OLG Hamm auch dann, wenn der Ehepartner die gemeinschaftliche Verfügung zu Lebzeiten wirksam widerrufen hat.
Rz. 23
Strittig ist, ob der Überlebende zur Wiedererlangung der Testierfreiheit nicht nur die testamentarische Einsetzung, sondern auch seinen gesetzlichen Erbteil ausschlagen muss. In der Literatur und Rechtsprechung wird teilweise vertreten, dass der Bedachte seine Verfügungsfreiheit nur dann wiedererlangt, wenn er auch den gesetzlichen Erbteil ausschlägt, es sei denn, dass dieser erheblich hinter dem Zugewendeten zurückbleibt. Eine andere Auffassung hält dies für eine Frage der (ergänzenden) Auslegung des Testaments, wonach die letztwillige Verfügung dahin ausgelegt werden könne, dass der Überlebende unter der aufschiebenden Bedingung enterbt und damit auch nicht gesetzlicher Erbe wird, dass er ausschlägt und der testamentarische Erbteil im Wesentlichen dem gesetzlichen entspricht.